Koch mit mir!

Essen müssen wir alle, und derzeit mehr denn je in den eigenen vier Wänden. Da bietet es sich doch an, selbst zu kochen, aber doch nicht ganz allein – am besten so, dass es besonders lecker ist, mit neuen und gesunden Rezepten. Ich koche für mein Leben gern, am liebsten für viele Gäste, die gutes Essen schätzen und genießen. Da ich aber derzeit niemanden zu uns nach Hause einladen kann, schlage ich vor, dass Ihr zu mir in meine Küche kommt!

Ich habe schon begonnen, beim Kochen eine Kamera laufen zu lassen und werde morgen, am Donnerstag, den 26. März um 18 Uhr einen Online-Kochkurs beginnen. Ich werde Dir in kurzen, unterhaltsamen Videos verschiedene Rezepte zeigen – mittelöstliche, italienische, marokkanische oder was mir eben so einfällt – und lade Dich herzlich ein, mir beim schnippeln und rühren und schmoren und abschmecken zuzusehen. Außerdem wird es ab übernächster Woche einen Küchen-Live-Stream geben (cook-along heißt das unter Koch-Profis), bei dem wir gemeinsam ein ganzes Menü kochen können! Die Zutatenliste und alle Details zum Einloggen in den Live-Stream bekommst Du mit meinem nächsten Newsletter. Was Dich erwartet? Leckere Rezepte mit frischen, (fast nur) gesunden Zutaten, die einfach mit- oder nachzukochen sind; individuelle Variationsmöglichkeiten – je nachdem, ob Du Veganer oder Vegetarier bist oder auch mal etwas mit ein wenig Fleisch magst; kreative Küchentipps, gute Unterhaltung und hinterher eine schmackhafte Mahlzeit.

Ich hoffe, Dich mit meiner Freude an gutem Essen und seiner Zubereitung anstecken zu können! Hier bekommst Du einen
Vorgeschmack …

https://vimeo.com/400540619

… und kannst kostenfrei den Kochkurs abonnieren. Morgen Abend geht’s mit den ersten Rezepten los: Marokkanischer Orangensalat und etwas Eingelegtes.

Bis dahin kannst Du meinen Artikel Ruferin in der Wüste lesen. Und noch was ganz Wichtiges: Ich möchte Dich um Hilfe für meine Freundin Regina bitten, die seit bald 30 Jahren ihr Leben investiert in die Alte Mühle Bruck, einem Gnadenhof für Tiere, der Kinderparadies, Villa Kunterbunt und Therapiezentrum in einem ist. Meine Kinder haben in Bruck gelernt, mit Pferden und anderen Tieren umzugehen, für meine jüngere Tochter ist es ein zweites Zuhause. Das Projekt lebte bis vor wenigen Tagen davon, dass täglich viele Kinder und am Wochenende sogar sehr viele Kinder kamen. Jetzt darf niemand mehr hin, aber die Tiere müssen weiter versorgt werden. HIER kannst Du mehr darüber lesen und – wenn es Dir möglich ist – auch etwas spenden. Danke.

Zusammenkunft in Krisenzeiten

Liebe Leserin, lieber Leser,
liebe Brieffreundinnen und Freunde!

Lange habe ich darüber nachgedacht, was ich diesmal schreiben soll. Aber in einer Zeit, in der so viel geschrieben und gepostet, geteilt, geliked, gedroht, geängstigt, sich aufgeregt und empört wird, habe ich mich entschieden, mich zurückzuhalten. Stattdessen möchte ich nur kurz mitteilen, dass es mir persönlich gut geht, auch wenn ich dieser Tage viele, viele Fragen und wenig Antworten habe. Ich möchte von den Unmengen an Informationen, die ich – wie vermutlich die meisten von uns – derzeit zu Corona lese, höre und sehe, nur ein Video und zwei Texte teilen, die mir Stoff zum Nachdenken geben. In dem Video auf democracynow.org spricht Naomi Klein (etwa ab Minute 16’30“) über die Chancen, die sich in Krisenzeiten ergeben können; über Ideen, deren Zeit jetzt womöglich gekommen ist. Die Texte des Zeithistorikers René Schlott und des Medienprofessors Michael Meyen befassen sich eher mit den Gefahren, die drastische Maßnahmen mit sich bringen. Um es vorweg ganz klar zu machen: Ich bin absolut dafür, sich und andere zu schützen, das Virus und die Ansteckungsgefahr ernst zu nehmen, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen und verantwortungsvoll zu handeln. Das darf aber nicht ausschließen, auch verantwortungsvoll zu denken und Meinungen zu äußern, über die man streiten darf.

Und nun zu einer Premiere, die morgen, Samstag Abend stattfinden soll und zu der ich Dich hiermit herzlich einlade. Sie wird unter den gegebenen Umständen virtuell, aber live stattfinden. Erstmals möchte ich mein Wohnzimmer öffentlich zugänglich machen. Seit vielen Jahren veranstalte ich dort für unsere Freund*innen und deren Freund*innen Kultur-Salons. Das Prinzip ist teilen: Leute kommen rein, bringen Essen und andere Leute mit, wir teilen Zeit, Raum, Speisen, Getränke und Gedanken. Es gab schon Lesungen, Konzerte, Filme, Ausstellungen, Vorträge in unserem Salon — alles im privaten Rahmen. Morgen wird nun ein Salon zum Thema Geld und Geldschöpfung stattfinden, Referent ist mein Musikerkollege Christian Schantz. Wir haben beschlossen, dass auch wir Künstler systemrelevante Arbeit machen müssen, über den privaten Rahmen hinaus. Darum werden wir uns morgen Abend
am 21. März um 19 Uhr
vor die Kamera setzen und unseren Geldsalon für alle öffnen, die daran interessiert sind. HIER findest Du die Infos zum Inhalt, und mit diesem Link wählst Du Dich ein:
(Link nicht mehr aktiv)

Ich hoffe, dass wir das alles technisch gut hinbekommen! Dann kannst Du nämlich nicht nur zuhören, sondern auch im Chat Fragen stellen oder selbst etwas beitragen.

Bis morgen – herzlichst,

HIER gibt es einen Rückblick und Videos von unserem letzten Auftritt Ende März in Berlin mit Lili und Andi


Wes Lied Du singst…

In Tel Aviv hängen seit einigen Tagen zwei Riesenplakate an großen Ausfallstraßen:

Screenshots aus i24news.tv; noch ein Plakat hier auf Haaretz

Darauf zu sehen: Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas und Hamas-Führer Ismail Haniyeh, beide kniend auf kriegszerstörtem Schutt, die Augen verbunden, die Körperhaltungen zeugen von Aufgabe; über ihnen israelische Kampfhubschrauber. In großen Lettern steht darüber geschrieben:

FRIEDEN MACHT MAN AUSSCHLIESSLICH
MIT BESIEGTEN FEINDEN

Als Tel Avivs Bürgermeister Ron Huldai vergangenen Freitag anordnete, die Plakate zu entfernen, drohte die Organisation Israel Victory Project, die zwar nicht auf den Plakaten firmiert, sich aber für deren Existenz verantwortlich zeigt, sie würde vor Gericht ziehen, wenn dies geschehe.
In Tel Aviv gab es keinen Aufschrei in der Bevölkerung. Im israelischen englischsprachigen Online-Magazin i24news.tv, in dem die Meldung zuerst erschien, gab es lediglich zwei Kommentare, beide mit demselben Tenor:
„(…) Ich mag den Satz: „Frieden kommt mit der Niederlage des Feindes“. Warum gehen wir also nicht einfach hinaus und besiegen ihn?“ und
Anstatt weitere Werbetafeln zu entfernen, hört auf, den Feind durchzufüttern„.
Gestern, am 19. Februar 2020, erschien in Haaretz der Kommentar von Neve Dromi, einer jungen Israelin, die das Israel Victory Project leitet, den israelischen Ableger des Middle East Forums, eines US-amerikanischen Think-Tanks, das US-Interessen im Nahen Osten vertritt. Dieser Kommentar ist mehr als lesenswert (alle Links am Ende). Zum einen zeigt er, wie liberal die Tageszeitung Haaretz ist, indem sie so einer militanten rechtsradikalen Denkerin ein Forum bietet, einer Frau, die keinen Hehl aus ihrer faschistoiden Haltung macht, die ihre Überzeugung nicht durch heuchlerisches Wir-wollen-doch-alle-Frieden-Geheule zu vertuschen sucht . Zum anderen zeigt der Artikel, dass dieser Orwell-Sprech längst im israelischen Mainstream angekommen ist; man kann sorglos vom „Besiegen“ der Palästinenser sprechen, zuweilen auch von „Vertreiben“ oder „Vernichten“, oder, wie im Kommentar Nr. 6 eine Meinung lesen, die in Israel weit verbreitet ist und die ganz sachlich, fast wissenschaftlich formuliert ist:
„Tatsächlich gibt es fast keine Beispiele aus der Geschichte, in denen der Frieden zwischen zwei gleichberechtigten Seiten durch Verhandlungen erreicht wurde. Frieden wurde fast immer erreicht, nachdem die eine Seite die andere besiegt hatte, oder wenn beide Seiten zu erschöpft waren, um den Kampf fortzusetzen, und dann bereit waren für einen Fortschritt . Leider haben die Araber nicht die Absicht, aufzugeben und sich zu weiterzubewegen — ihre rückständige, primitive Kultur konzentriert sich auf Rache und Ehre, und deshalb sind sie in ihrem Hass gefangen. Die Schlussfolgerung ist, dass sie besiegt werden müssen.“

Oft werde ich in Deutschland gefragt, wie es um die israelische Friedensbewegung bestellt ist, und in guter jüdischer Manier antworte ich mit einer Gegenfrage: Welche Friedensbewegung?! Weder ist Frieden in Sicht, noch bewegt sich irgendwer in irgend einer Weise in diese Richtung. Mag sein, dass Leute wie Neve Dromi — und sie ist keine Ausnahme, die Mehrheit der Israelis denken so oder ähnlich, meist noch mit einem Schulterzucken und der Entschuldigung „Uns gefällt das auch nicht, aber die Palästinenser kennen leider keine andere Sprache, also haben wir keine Wahl“ — mag sein, dass diese Leute noch eine Weile das Sagen haben in Israel; mag sogar sein, dass sie noch weiter kommen mit der grandiosen Unterstützung des blondbemützten Großmauls aus Washington. Einen Frieden im wahrsten Wortsinn werden sie nicht erzielen. Und bestimmt nicht, weil die Palästinenser angeblich eine „rückständige, primitive Kultur“ hätten, sondern weil kein Volk es sich gefallen lässt, jahrzehntelang vertrieben, gedemütigt und seiner Rechte beraubt zu werden. Es sei denn…

Tja, es sei denn, dieses Volk findet nirgendwo Verbündete, Unterstützer. Es sei denn, die Entrechtung wird von vielen Staaten nicht nur hingenommen, sondern unterstützt. Und genau das tun die allermeisten Staaten der sogenannten „Westlichen Wertegemeinschaft“, allen voran die USA, dicht gefolgt von der EU, vor allem aber von Deutschland. Wissen die Deutschen, was genau sie da unterstützen? Ist es dieses Israel, an dessen Seite Deutschland mit seiner unverbrüchlichen Freundschaft stehen, mit seiner vermaledeiten Staatsräson verteidigen will? Die deutsch-israelische Freundschaft ist wichtig, bemerkenswert und geboten nach der deutsch-jüdischen Geschichte, die noch so jung ist, dass sie die wenigen Überlebenden und selbst ihre Nachfahren immer noch in schlaflosen Albtraumnächten wach hält. Aber muss Freundschaft so unverbrüchlich sein, dass selbst der Bruch von Völkerrecht, Verletzung von Menschenrecht, dauerhafte Zuwiderhandlung gegen internationale Vereinbarungen noch nicht einmal zu einem Streit führen darf? Dass noch nicht einmal Bedingungen gestellt werden dürfen? Ihr Deutschen wollt Israel Waffen oder U-Boote verkaufen oder sogar schenken? Na gut, allein dagegen könnte man Bedenken äußern, aber gesetzt den Fall, Israel braucht das Zeug ganz ganz dringend, um sich zu verteidigen: Kann Deutschland da nicht sagen: Bitte sehr, hier bekommt Ihr Militärgut in Milliardenhöhe, wärt Ihr aber bitte so nett und würdet im Gegenzug die völkerrechtswidrige Besatzung beenden?! Zumindest mal keine weiteren Siedlungen bauen? Das Jordantal nicht annektieren? Palästinensische Kinder aus den Gefängnissen entlassen, zumindest keine mehr verhaften? Den Mauerbau stoppen? Checkpoints reduzieren? Gestohlenes Land zurückgeben? Die Liste wäre noch lang.

Ich höre schon das empörte Schnaufen der vermeintlichen ‚Israel-Freunde‘, die die historische Verantwortung bemühen und sich schon überlegen, wie solche Sätze wie die obigen in die Schablone des „sekundären Antisemitismus“, des „als Israel-Kritik verschleierten Judenhasses“ zu stopfen ist. Sorry, Freunde, weder hasse ich Juden noch Israel, im Gegenteil: Ich wünsche mir nichts sehnlicher als ein friedliches Israel, das in Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit mit all seinen Nachbarn lebt. Meine Vorstellung davon weicht aber von der der anderen ab, die in Israel das Sagen haben. Ich träume, nein: ich wünsche mir und kämpfe für ein Israel UND Palästina, das in welcher Form auch immer so zusammen lebt, dass alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan in Frieden und gleichberechtigt neben- und miteinander existieren können. Eine Utopie? Vielleicht, ja. Aber auch eine Notwendigkeit. Alles andere lässt mich erschaudern.

Immerhin, Tel Avivs mutiger Bürgermeister Ron Huldai hat sich durchgesetzt: die Faschisten-Plakate wurden abgehängt.

Lesematerial:
Die Meldung über die Plakate in i24news.tv (Englisch)
Kommentar von Nave Dromi in Haaretz (Deutsche Übersetzung)
Website des Israel Victory Project
Website des Middle East Forum

PS: Soeben erschien ein Kommentar von Gideon Levy (hier auf Deutsch) zu der Plakat-Affäre, er sieht das ähnlich wie ich. Er endet mit dem Satz, frei übersetzt:
„Lesen Sie Dromi und sehen Sie Israel — ohne die Filter der ‚political correctness‘, ohne die Liberalen mit ihren blutenden Herzen.“
PPS: Mit deepl.com lassen sich englische Texte leicht, schnell, kostenlos und relativ gut verständlich übersetzen.
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TERMINE:

Am Sonntag, den 23. Februar 2020 nachmittags spiele ich mit meiner Tochter Lili (Klavier, Gesang) und Andi Arnold (Klarinette) beim Jahresfest des Jerusalemsvereins in Berlin. Im Zuge dessen habe ich den Veranstaltern dieses Interview gegeben.

Am Samstag, den 28. März 2020, 10-17 Uhr, findet wieder mein Präsenz-Workshop im Freien MusikZentrum München FMZ statt. Infos hier; Anmeldungen bitte ausschließlich übers FMZ.

Am Mittwoch, den 1. April 2020, 20 Uhr, zeigt das alte kino Ebersberg noch einmal den Film FRAU STERN mit meiner Mutter in der Hauptrolle. Hinterher stehe ich wieder zum Filmgespräch zur Verfügung. Wegen der großen Nachfrage empfiehlt sich eine rechtzeitige Reservierung.

Nie wieder!

„Nie wieder!“, das ist die kürzeste Formel, auf die die Lehren aus dem Holocaust reduziert werden könnte. Gemeint ist: Nie wieder Krieg! Nie wieder Antisemitismus und Rassismus! Nie wieder Ausgrenzung, Erniedrigung, Verachtung, Entrechtung, Verfolgung, Inhaftierung, Folterung anderer Menschen oder einer bestimmten Gruppe von Menschen durch eine andere Gruppe. Ganz gleich, ob die andere Gruppe einer anderen Ethnie, Kultur oder Religion angehört, welche Hautfarbe, Gesinnung oder sexuelle Orientierung sie besitzt. Der deutsche Nationalsozialismus und der grassierende Nationalismus und Faschismus im Europa der 1930er Jahre brachten den Zivilisationsbruch hervor und den Zweiten Weltkrieg, diese unfassbare Katastrophe, brachte neben über sechs Millionen gequälter, verfolgter und ermordeter Juden weitere Millionen gequälter, verfolgter und ermordeter Sinti und Roma, Homosexueller, Antifaschisten und Andersdenkender mit sich. Von den Millionen gequälter und getöteter Soldaten, Zivilisten und Flüchtlingen ganz zu schweigen.
Zwei Jahre nach Kriegsende einigte sich die Menschheit auf die 30 Artikel der Menschenrechte, zudem gibt es das Völkerrecht, das unter anderem das allgemeine Gewaltverbot sowie das Verbot eines Angriffskrieges beinhaltet. Doch wo wird das eingehalten? Welche Staaten halten sich an internationale Vereinbarungen, an Völker- und Menschenrecht? An welches Recht können wir überhaupt noch als Individuen glauben, an welches Recht uns halten, wenn staatliche Gewalt dies fortlaufend nicht tut, wie erst jüngst die gezielte Tötung des Generals Soleimanis zeigt?

In Jerusalem sind dieser Tage Staatsoberhäupter zusammengekommen, um der Befreiung von Auschwitz vor 75 Jahren zu gedenken. Es ist gut, notwendig und gegeben, sich zu erinnern, und ebenso notwendig, die richtigen Lehren aus der Geschichte zu ziehen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte in seiner Rede in Yad Vashem, der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem, er „wünschte, sagen zu können: Unser Erinnern hat uns gegen das Böse immun gemacht. Ja, wir Deutsche erinnern uns. Aber manchmal scheint es mir, als verstünden wir die Vergangenheit besser als die Gegenwart.“ Ein bemerkenswerter Satz: Meinte er nur die deutsche, oder meinte er auch die israelisch-palästinensische Gegenwart? Dann sprach er von den bösen Geistern, die „ihr autoritäres Denken als (…) neue Lösung für die Probleme unserer Zeit“ präsentieren, und fügte hinzu: „Nein zu Judenhass! Nein zu Menschenhass!“

Sicherlich bezog sich Steinmeier auf Ereignisse in Deutschland, und er tut gut daran, vor rechter rassistischer und antisemitischer Gesinnung hierzulande zu warnen und ihr etwas entgegenzustellen. Auf die Gegenwart in Israel ging er jedoch nicht ein — ebensowenig wie alle anderen Redner der Veranstaltung. Doch wie sieht es mit der Entrechtung, Einsperrung, Erniedrigung von Menschen aus, die sich Palästinenserinnen und Palästinenser nennen und die nur wenige Kilometer von Yad Vashem in Ostjerusalem, der besetzten Westbank oder im abgeriegelten Gazastreifen leben? Besser gesagt, sich im täglichen Kampf um ein halbwegs menschenwürdiges Dasein unter Besatzung bemühen, und das seit bald 53 Jahren?

Die israelische Tageszeitung Haaretz hat einige Artikel zum diesjährigen Gedenktag veröffentlicht, die ich für sehr lesenswert halte. Hier sind sie als PDF abrufbar:
Haaretz Leitartikel: Memories and Lessons
Gideon Levy: Go to Gaza and Cry ‚Never Again‘
Eitay Mack: As Descendant of Auschwitz Victims, I’ve No Interest in the Yad Vashem Laundromat
Hagai El-Ad: Netanyahu Exploits the Holocaust to Brutalize the Palestinians

Hier in Deutschland titelt die Wochenzeitung der Freitag in der Ausgabe o4/2020 ‚Vom Erinnern und Verdrängen‘. Ganz besonders hervorheben möchte ich den Artikel der preisgekrönten israelischen Literatin Dr. Ilana Hammerman mit dem Titel ‚Deutschland macht mich ratlos‘, der im Herbst bereits in Haaretz erschien. Diese israelische Stimme solltest Du Dir unbedingt anhören, wenn Du zum Themenkomplex Israel-Deutschland-Judentum-Palästina-Nahost-Verantwortung-Antisemitismus mitreden oder Dir zumindest eine Meinung bilden möchtest!
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Nun ein paar Veranstaltungshinweise:
Am kommenden Freitag, den 31. Januar, spiele ich bei der Eröffnung der KoPI-Konferenz (Koordinationskreis Palästina Israel) in Berlin mein Programm DAHEIM ENTFREMDET. Mit dabei: Andi Arnold mit seiner Klarinette und meine Tochter Lili, klavierspielend und singend.

Freitag, 31. Januar 2020, 19 Uhr
Refugio, Berlin Neukölln, Lenaustr. 4
Hier der Flyer mit allen Infos zur Konferenz.

Das gleiche Programm DAHEIM ENTFREMDET spielen wir am Mittwoch, den 5. Februar 2020 um 19 Uhr in Bülach bei Zürich, dort mit Jan Eschke am Piano. Alle Infos dazu HIER.
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Vor genau einem Jahr feierte der Film FRAU STERN Premiere beim Max Ophüls Filmpreis in Saarbrücken. Darin spielt meine damals 81-jährige Mutter Ahuva die Titelrolle — die erste und einzige Spielfilmrolle ihres Lebens. Kurz darauf verstarb sie.

Frau Stern findet nach ihrem 90. Geburtstag, sie habe genug gelebt und will sich verabschieden. Doch ihre Enkelin Elli lässt sie im sommerlichen Berlin mit ihren jungen Freundinnen an ihrer Lebensfreude teilhaben. Die poetisch-skurrile Komödie von Regisseur Anatol Schuster und Kameramann Adrian Campean, beide auch Produzenten dieses No-Budget-Films, lief viele Wochen lang in ganz Deutschland in Programmkinos, gewann verschiedene Preise und ist nun für den Preis der deutschen Filmkritik 2019 in den Kategorien ‚Bester Film‘ und Beste Darstellerin‘ nominiert.

Am 8. Februar, Ahuvas erstem Todestag, zeigt das alte kino Ebersberg um 20 Uhr FRAU STERN; ich werde anschließend zum Filmgespräch anwesend sein. Ich habe meine Mutter vor und während der Dreharbeiten intensiv begleitet, kenne die Produzenten gut, habe mit meiner Band einen Großteil der Musik beigesteuert und durfte sogar eine kleine Rolle spielen. Mehr Infos, den Trailer und Karten gibt es HIER.

Ich freue mich auf ein Wiedersehen!
Herzlichst,

🌲GUTE WÜNSCHE FÜR BESSERE ZEITEN

Gerade im Freitag über Julian Assange gelesen. Was für ein Skandal! Mitten in Europa hält man einen Journalisten in Isolationshaft und überlegt, ihn in die USA auszuliefern, wo ihm 175 Jahre Haft drohen. Zurecht fragt die Autorin Angela Richter, wieso Journalisten, also Assanges Kolleg*innen, still halten, sich nicht gegen diesen Wahnsinn zur Wehr setzen, sich nicht mit ihm solidarisieren und nicht alles, wirklich alles dran setzen, ihn freizubekommen. In den Köpfen hat sich wohl Assange, der Verräter und Russenfreund, Assange, der Egomane und Narzisst, schlimmer noch: Assange, der Sexist und Vergewaltiger festgesetzt — ungeachtet dessen, dass zumindest dieser Vorwurf fallen gelassen wurde. Aber ist der Ruf erst einmal ruiniert, helfen Fakten und Richtigstellungen in unseren Zeiten nicht mehr viel. Oder war das nicht schon immer so? Hat man nicht immer schon Menschen verachtet und aus der Gesellschaft ausgeschlossen, wenn sie — auch nur vermeintlich! — Fehler gemacht, das Gesetz gebrochen, sich ‚unmoralisch‘ verhalten haben? Ich denke da immer: Der werfe den ersten Stein…

Und dann noch die höchste aller Sünden, wie bei Assange: Die Wahrheit ans Licht bringen, die Schweinereien, die Kriegsverbrechen und andere Rechtsbrüche benennen, die unsere westlichen Regierungen, die ‚Guten‘, tagtäglich begehen! Da werden dann nicht die Schuldigen bestraft oder zumindest der Sache mit Rechtsmitteln nachgegangen, da wird lieber der Entdecker der schlechten Nachricht des Hochverrats bezichtigt. Schon bei den Römern wurde der Übermittler einer schlechten Nachricht mit dem Tode bestraft. Der Mensch scheint sich nicht sonderlich weiter entwickelt zu haben in den vergangenen 2000 Jahren. Bessere technische Mittel hat er jetzt zur Verfügung, um seinen Schwachsinn — Geld- und Macht-geleitet — unters Volk zu bringen. Der Sonderbeauftragte für Folter der Vereinten Nationen, Nils Melzer, sagt dazu: „Ich habe noch nie zuvor erlebt, dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammen schließt, um ein einzelnes Individuum so lange Zeit und unter so geringer Berücksichtigung der Menschenwürde und der Rechtsstaatlichkeit bewusst zu isolieren, zu verteufeln und zu missbrauchen.“*
Es gab und gibt verschiedene Möglichkeiten, die eigene Stimme für Assange zu erheben; eine davon ist, diese Petition zu unterschreiben.
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Dieses Jahr hat für mich persönlich mit einem Höhepunkt im Januar begonnen, der Premiere des Films FRAU STERN beim Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken, und ging mit einem Tiefpunkt im Februar weiter mit dem Tod meiner Mutter, die die Titelfigur in diesem wunderbaren Film spielte.

Seither habe ich FRAU STERN über ein Dutzend mal bei verschiedener Gelegenheit gesehen, begleitet, besprochen, und bin nach wie vor voller Bewunderung und Dankbarkeit für meine Mutter, die wirklich eine ganz besondere Frau gewesen ist. Auch denke ich immer mit Dankbarkeit an Anatol Schuster (Regie) und Adrian Campean (Kamera), die diesen Film so einzigartig realisiert haben.
Am 8. Februar 2020, an ihrem ersten Todestag, zeigt das alte kino um 20.30 Uhr FRAU STERN, in dem oberbayerischen Städtchen Ebersberg, wo meine Mutter über 40 Jahre lang lebte. Beim anschließenden Filmgespräch werde ich über die Hintergründe erzählen und Fragen beantworten.

Am 12. Januar gibt es wieder einen Workshop Präsenz und Wahrnehmung im Freien MusikZentrum München. Infos und Anmeldung HIER.

Und für ganz Kurzentschlossene: Heute Abend spielen wir zum letzten Mal in diesem Jahr und in voller Besetzung die JIDDISCHE WEIHNACHT im Theater in Wasserburg am Inn. Besonders freue ich mich auf den Gastauftritt meiner Tochter Stella, die — wie bereits bei der Premiere vor 11 Jahren, damals 14-jährig — einen Text von Anne Frank liest. Um 20 Uhr geht’s los, Karten gibt es hier online.

Hinterher sehen wir uns in der Bar HELMUT direkt im Theater und freuen uns auf alle, die mit uns eine bessere, ehrlichere, friedlichere und freudvolle Zukunft feiern!

Diese Wünsche sende ich auch allen, mit denen ich nicht persönlich feiern kann, und freue mich auf weitere Begegnungen im Neuen Jahr!

Herzlichst,

*Quelle: Freitag Nr. 50 vom 12.12.19

Nachtrag zur Buchempfehlung

Heute erreichte mich diese Nachricht von Clemens Ronnefeldt, seines Zeichens Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des internationalen Versöhnungsbundes:

(…) Beide Bücher habe ich ich Rahmen meiner Sendereihe „Friedensfragen mit Clemens Ronnefeldt“ besprochen — das Buch von Herrn Teltschick zusammen mit dem Journalisten Frank Farenski, das Buch von Michael Lüders mit ihm selbst — auch im Zusammenhang von „Wer den Wind sät“ und „Die den Sturm ernten“. (…)

Ich habe mir die Sendungen zwar noch nicht komplett angesehen, aber sie scheinen sich intensiv mit den Themen der Bücher zu befassen, zeigen zum besseren Verständnis Landkarten und geben differenzierte Einblicke. Hier also die Links zu den Sendungen:

RUSSISCHES ROULETTE von Horst Teltschik:

DAS PULVERFASS NAHER OSTEN (1) mit Michael Lüders:

DAS PULVERFASS NAHER OSTEN (2)

Alle Jahre wieder…

… kommt der Dezember mit seinem Advent, der Vorweihnachtszeit der Christen, und Chanukka, dem jüdischen Winter- und Lichterfest. Assimilierte Juden haben in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts „Weihnukka“ gefeiert; mit Zehntausenden jüdischen Einwanderern ist die Tradition  nach Amerika hinüber geschwappt und dort zu „Christmukka“ mutiert.

Das Jüdische Museum Berlin hatte 2005 die wunderbare Ausstellung WEIHNUKKA gezeigt — hier das Buch zur Ausstellung — , die mich damals inspirierte, unser Programm JIDDISCHE WEIHNACHT zu kreieren. Darin zieht sich die Geschichte meines Großvaters Julius Sommerfeld wie ein roter Faden durch den Abend.

Julius war ein assimilierter Jude, der als Offizier des Kaisers im Ersten Weltkrieg gedient hatte und Jahre später, nachdem er seinen Sohn, meinen Vater Rolf, nach Palästina und andere Verwandte in die Vereinigten Staaten retten konnte, nochmals 1939 in seine Heimatstadt Chemnitz zurück kehrte. Dort wurde er verhaftet, ins KZ Sachsenhausen deportiert und im März 1940 ermordet.
Wie in den vergangenen zehn Jahren spielen wir auch dieses Jahr wieder unsere JIDDISCHE WEIHNACHT, zu der ich Dich herzlich einladen möchte. Solltest Du in der Nähe von Trostberg unweit von Salzburg, im österreichischen Hohenems nahe Bregenz oder in Wasserburg östlich von München sein, freuen wir uns sehr über Deinen Besuch.

JIDDISCHE WEIHNACHT 2019
Freitag, 6. Dezember, 20 Uhr: Postsaal Trostberg
Donnerstag, 12. Dezember, 20 Uhr: Jüdisches Museum Hohenems
Samstag, 21. Dezember, 20 Uhr: Theater Wasserburg

In der JIDDISCHEN WEIHNACHT ist einmal die Rede von ‚Margaretes unnachahmlichem Stollen‘. Meine Großmutter Margarete pflegte alljährlich einen einzigartigen Chemnitzer Stollen zu zaubern. Mein Vater erzählte, sie habe ihn Anfang November schon gebacken, sein Duft habe das ganze Haus erfüllt. Dann legte sie ihn zwischen die Scheiben der Doppelglasfenster, um ihn dort in der Kühle reifen zu lassen, bis im Dezember Eisblumen an den Fensterscheiben wuchsen. Dann erst durfte man ihn anschneiden.
Meine Mutter, die aus Jerusalem stammte und keine Ahnung von Eisblumen, Doppelfenstern oder gar von Weihnachten hatte, sich aber geschworen hatte, meinen Vater sein Leben lang kulinarisch zu verwöhnen, wollte ihm unbedingt die Freude machen und den Stollen seiner Mutter nachbacken. Nach vielen gescheiterten Versuchen — erst war er zu trocken, dann war er „nur ein Rosinenkuchen“, das nächste Mal war er „nicht schwer genug“ — kam mein Vater nach Hause und sagte schon in der Tür: „Heute duftet es wie bei meiner Mutter vor Weihnachten!“. Dieses Rezept hat meine Mutter dann aufgeschrieben, nach diesem Rezept backe auch ich schon seit Jahrzehnten ‚Margaretes unnachahmlichen Stollen‘. Wie ein solcher Stollenbacktag aussieht, habe ich vor ein paar Jahren in diesem Video festgehalten:

Wer’s uns nachmachen möchte: Hier findest Du das Rezept.

Am kommenden Wochenende bin ich zu einer sehr interessanten Zusammenkunft, dem internationalen Friedensratschlag in Kassel eingeladen. Das Leitmotiv heißt ‚Abrüsten statt Aufrüsten‘. Am 7. und 8. Dezember werden viele kluge Leute wie Prof. Werner Ruf, Dr. Margot Käßmann, Prof. Norman Paech und viele andere im Plenum und in Arbeitsgruppen referieren und diskutieren. Was meinen Beitrag betrifft, so freue ich mich sehr, dass zwei junge Menschen von der Deutsch-israelischen Gesellschaft mit mir über ‚Kritik an der israelischen Regierungspolitik und die Antisemitismusdebatte in Deutschland‘ debattieren werden.
Hier findest Du den Flyer mit dem gesamten Programm.

Passend zum Thema sind meine heutigen Buchempfehlungen: In RUSSISCHES ROULETTE (2019) beschreibt Horst Teltschik, welche Chancen nach der ‚Wende‘ nicht zuletzt durch die NATO vertan wurden; er erinnert an die Lehren des Kalten Krieges und fordert eindringlich zu einer neuen Entspannungspolitik auf.
In ARMAGEDDON IM ORIENT (2018) macht Michael Lüders deutlich, welchem Irrsinn wir entgegensteuern, wenn wir der Politik der USA gegenüber dem Iran folgen — und welche katastrophalen Folgen dies nicht nur im Orient, sondern auch bei uns in Europa hätte.
Beide Bücher habe ich mit einer Mischung aus Ungläubigkeit, Entsetzen, teilweise fassungslos gelesen und kann sie allen empfehlen, die gerne hinter die Kulissen der Politik blicken und fundiert begreifen wollen, wie Macht und Interessen zusammen spielen — und welche Konsequenzen das für uns alle hat.

Einen schönen Jahresausklang wünsche ich!
Herzlichst,

OSG on tour

Hier im Rathaus der Stadt Graz wurde letzte Woche nach dem Vorbild des Deutschen Bundestages ein „Beschluss gegen Antisemitismus“ gefasst. Ob sie die wahren Antisemiten damit meinen?

Herzliche Grüße aus Graz! Seit Freitag bin ich mit meinem ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH auf Tour durch Österreich; erst Linz, gestern Graz, heute Wien. Wir haben große Freude an unseren Auftritten und unser Publikum offensichtlich ebenso, auch wenn uns die Situation in Gaza und das Töten ganzer Familien dort mit großer Trauer erfüllt. Wer uns heute, Sonntag Abend in Wien besuchen will, kommt um 19 Uhr ins Theater am Spittelberg — alle weiteren Infos HIER.

Für nächste Woche habe ich eine Programmänderung anzukündigen: Leider, leider hat der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung Herr Dr. Spaenle das seit langem geplante Podiumsgespräch mit mir abgesagt. Er ist verreist, in Israel, und sein ganzes Büro offensichtlich mit ihm, denn er konnte keinen Vertreter schicken. Andere potentielle Gesprächspartner ließen sich trotz intensiver Bemühungen seitens des Veranstalters – das ist der ‚Verein KKV Hansa, Münchens Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung‘ – nicht finden.
Um die Veranstaltung nicht ersatzlos zu streichen, hat der Verein mich zu einem Gespräch mit der ursprünglich als Moderatorin angefragten Wirtschaftsjournalistin Frau Dr. Petra Thorbrietz eingeladen. Vielleicht können wir zwei Frauen ja im Gespräch zu zweit etwas Licht bringen in die vielen undurchsichtigen Unterscheidungen der so viel diskutierten Begriffe wie Antisemitismus, Israelkritik, israelisch, jüdisch, deutsche Verantwortung, ‚Staatsräson‘ und vieles mehr. Weitere Infos und Anmeldungen zur Veranstaltung auf der Seite von KKV Hansa e.V..

Und hier noch zwei Buchempfehlungen mit zwei Themen, die miteinander zusammen hängen und die mich sehr beschäftigen: Klimawandel und Fake News. Konkret: Wie gehen wir mit unserem Planeten um, und was können wir wem glauben? Woher kommen unsere Informationen, wie können wir prüfen, was wahr ist und was nicht? Zu diesem Thema gefällt mir schon der Buchtitel von Albrecht Müller Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst, erschienen im Westend-Verlag.
Das Buch mit dem Titel Die Öko-Katastrophe erscheint Ende November im Rubikon-Verlag, herausgegeben von Jens Wernicke und mit Beiträgen u.a. von Rainer Mausfeld, Noam Chomsky, Karin Leukefeld (die erwähne ich, weil ich glaube, dass man ihre Namen kennt und ich erreichen will, dass Du denkst: „Oh, interessantes Buch, sollte ich lesen…“ also Manipulation ganz im Sinne des ersten empfohlenen Buches!); weitere Autoren sind Florian Kirner, Dirk Pohlmann, Stephan Bartunek, Felix Feistel, Roland Rottenfußer, Ullrich Mies (diese Autoren kenne ich alle persönlich, also erwähne ich das, damit Du denkst: „Hmm, wenn Nirit die kennt und empfiehlt, könnte was Interessantes dabei sein…“ — siehe erste Buchempfehlung. Hinterfragen, denken und dann entscheiden, was Du glaubst, musst Du am Ende selbst!).
Auf dem Umschlag von „Die Öko-Katastrophe“ ist zu lesen:
„Ohne Systemwandel wird der Klimawandel nicht aufzuhalten sein“. Ich teile die Überzeugung, dass unsere Welt sich stark verändern wird, dass sich Systeme ändern, und Systeme sind Menschen-gemacht, also werden auch wir uns verändern. Was uns heute selbstverständlich erscheint, wird nicht immer so bleiben. Natürlich werden wir Dinge weglassen, uns anders fortbewegen, uns anders ernähren. Aber das muss nicht zwangsläufig als Verzicht empfunden werden. Verändern wird sich definitiv Einiges, und Veränderungen macht uns Menschen meist Angst; das wiederum mögen wir gar nicht und darum wollen wir das nicht. Vielleicht gelingt es uns, anstelle von lähmender Angst Neugierde zu setzen — das ist motivierend, gibt Energie und macht kreativ. Mit diesen Kräften, einer Prise Menschenverstand und einem ordentlichen Schuss Solidarität können wir den bevorstehenden Veränderungsprozess sinnvoll mitgestalten.

Nachtrag zu „Was tun?!“

Bei meinem letzten Brief hat sich ein falscher Link zur Veranstaltung am 21. November
Podiumsgespräch mit Ludwig Spänle, Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung
eingeschlichen (vielen Dank für die vielen Hinweise!).
Hier also der richtige Link:
http://www.kkv-hansa-muenchen.de/veranstaltungen/terminkalender/veranstaltung/article/diskussion.html
Diese Diskussion wird veranstaltet vom KKV Hansa-Haus e.V. München; alle Anfragen und Reservierungen bitte an [email protected] oder Telefon: 089/55 77 04.

Bei der Gelegenheit möchte ich Dir – passend zum Thema der o.g. Diskussion ‚Antisemitismus vs. Kritik an israelischer Politik – einen Beitrag von Richard Falk und Hans von Sponeck ans Herz legen, der heute erschienen ist. Sie sprechen mir aus der Seele.

Herzlichen Gruß vom Zug auf dem Weg nach Göttingen zum Konzert um 19 Uhr in der Galerie Alte Feuerwache!
Mit Vorfreude auf kreative Begegnungen,

Nirit

Was tun bis Jahresende? Was Tun!

Bilder vom Jubiläumskonzert am 5. Oktober 2019 im Münchner Gasteig (Fotos: privat)

Unser Jubiläumskonzert schwingt noch nach – es war für uns alle ein herausragendes Ereignis und wir danken allen, die dabei waren! Ganz unten sind weitere Eindrücke in Bildern festgehalten; großen Dank dafür an Jens Heilmann.

Zu den Störfeuern im Vorfeld ist ein Interview mit mir in der Tageszeitung junge welt erschienen. Zu dem Thema, also Kritik an israelischer Politik vs. Antisemitismus, führe ich am 21. November um 19 Uhr ein Podiumsgespräch mit Ludwig Spaenle, dem Antisemitismus-Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung, im Münchner Hansa-Haus. Moderation: Dr. Petra Thorbrietz.
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In der Zwischenzeit war ich wieder in Israel und Palästina, bin mit einigen Leuten durchs Land gelaufen, habe die Schönheiten des Landes und die Schrecklichkeiten der Besatzungsrealität erlebt, habe mich durch Jerusalem treiben lassen und die Häuser der aus der Hebroner Innenstadt Vertriebenen betrachtet. Meine Begleiterinnen waren schockiert: Weiß man das in Deutschland nicht? Oh doch, man weiß. Und warum geschieht nichts? Tja, da fragt mal lieber die Damen und Herren in den Stadträten, den Bezirken und dem Bundestag. Da wird nämlich allzu oft Kritik an israelischer Besatzungspolitik reflexartig mit Antisemitismus verwechselt. Zu diesem Thema ist soeben eine Studie von Dr. Dr. Peter Ullrich von der TU Berlin im Auftrag von medico international und der Rosa-Luxemburg-Stiftung (hier ein Einführungstext) erstellt worden. Es ist eine Analyse über die Untauglichkeit der Definition der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) und darüber, wie gefährlich es sein kann, wenn diese ‚Definition‘ unkritisch übernommen wird. 

Ich frage mich immer wieder, was es noch braucht, damit die Welt – auch wir hier in Deutschland – erkennt, dass es an der Zeit ist zu handeln, und zwar ausnahmsweise mal nicht aus Macht- und Profitinteressen heraus, sondern aus der Verpflichtung für Menschenrechte, die die „westliche Wertegemeinschaft“ mit Verträgen unterschrieben hat. Und zwar nicht nur in Israel und Palästina, auch in China, auch in der Türkei, in Syrien und in all den Ländern, in denen Menschen unterdrückt, gefoltert, gequält, ausgegrenzt, vertrieben und ermordet werden. Wann werden Entscheidungsträger begreifen, dass wir früher oder später nicht umhin kommen, es uns hier auf diesem Planeten tunlichst gemeinsam gemütlich zu machen anstatt gegeneinander, bevor es eh zu spät ist.
Utopie? Nein, Notwendigkeit.

Was tun? Hmm… singen vielleicht. Einander zuhören. Freundlich sein. Sich umeinander kümmern. Durchaus mit Andersdenkenden Gespräche führen, auf Politikerinnen und Politiker zugehen, Forderungen stellen. Und begreifen, dass man Geld nicht essen und auch nicht atmen kann.
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Hier die letzten Konzerttermine von Nicht ganz kosher! in diesem Jahr:
01.11.: Göttingen, Galerie Alte Feuerwache
15.11.: Linz, Pfarrkirche St. Markus
16.11.: Graz, Volkshaus Graz
17.11.: Wien, Theater am Spittelberg
Alle Infos findest Du unter den jeweiligen Links.

Die Termine für die JIDDISCHE WEIHNACHT findest Du in meinem Kalender.

Auf einen schönen gemeinsamen Herbst!

Jubiläumskonzert in München: 20 Jahre KlezMeshugge
(v.l.n.r.) mit Miene Costa, Lili und Stella Sommerfeld, Roman Seehon, Georg Karger, Nirit, Linda Benedikt, Günther Basmann, Andi Arnold
und (nicht im Bild) Pit Holzapfel, Jan Eschke, Robert Probst, Mouna Sabbagh, Martin Umbach. Fotos: Jens Heilmann

Kultur, Politik und gutes Leben