Heute vor 73 Jahren fiel die Bombe in der Straße in Jerusalem, in der meine damals 10-jährige Mutter mit ihrer Familie lebte. Die Bombe — vielleicht war es auch eine Granate — explodierte „versehentlich“ an einem Baumwipfel in der kleinen Siedlung, die sich auch heute noch direkt hinter dem Ben-Yehuda-Markt im Zentrum Jerusalems, unweit der Altstadt, befindet. Durch die Explosion und die Granatsplitter wurden viele Menschen in der Straße, in den Häusern und den kleinen Höfen getötet und verletzt. In unserer Familie kamen der 6-jährige Shalom, der jüngste Bruder meiner Mutter, der Großvater und ein Onkel ums Leben, meine Großmutter Esther und deren Mutter Bat-Sheva überlebten schwer verletzt. Meine Mutter war wenige Minuten zuvor mit ihrer Freundin zum Wasserholen gegangen; die Freundin hatte jedoch ihre Puppe vergessen und lief zurück, um sie zu holen, während meine Mutter am Brunnen auf sie wartete. Die Freundin kam nie wieder; ein Granatsplitter bohrte sich in ihre Lunge, sie verbrannte innerlich.
Diese und ähnliche Szenen, die sich an jenem Tag abspielten, erzählte meine Mutter immer und immer wieder. Der 20. Mai wird in unserer Familie stets ein besonderes, ein traumatisches Datum bleiben. Obwohl ich das alles nie persönlich erlebt habe, so kann ich das Grauen von Kriegsgewalt, vor allem für Kinder, zutiefst nachempfinden. Kinder können sich nicht wehren; Zivilisten können sich nicht wehren. Nicht vor 73 Jahren und nicht heute; nicht in Jerusalem, nicht in Gaza, nirgendwo. Die Zeit heilt die Wunden, aber die tiefen Verletzungen schlummern in unseren Seelen. Sie werden von Generation zu Generation weiter gegeben. Wir alle, jede und jeder Einzelne, kann im Rahmen der eigenen Möglichkeiten dazu beitragen, diesem Wahnsinn ein Ende zu setzen. Sich einmal in die Schuhe der Anderen stellen hilft dabei. Wie das geht, zeigt der israelische TV-Comedian Assaf Harel bereits 2017 in diesem Video; und mit diesem phänomenalen Text macht es uns die Mutter, Großmutter, Feministin und Gründerin des Community Media Centre Andaleeb Adwan aus Gaza leicht, sich in sie hineinzuversetzen — und schwer. (Man kann sich den Artikel auf Deutsch vorlesen lassen, indem man auf das kleine Welt-Symbol rechts neben der Zeitangabe klickt)
______________________________________________________________
Am vergangenen Montag hielt ich auf dem Rotkreuzplatz bei der Veranstaltung „Waffenruhe sofort!“ diese Rede:
Meine Tochter Lili, so wie ich Mitglied und zudem im Vorstand der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, hielt bei einer Berliner Demo, die von der Jüdischen Stimme und von Palästina Spricht gemeinsam organisiert wurde und die vollkommen friedlich verlief, diese Rede:
Michael Lüders, Nahostexperte und Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, hat sich des aktuellen Themas ebenfalls angenommen in seinem neuesten Podcast-Beitrag:
______________________________________________________________
Auch wenn es angesichts der dramatischen Ereignisse in Israel und Palästina fast schon vergessen ist: Unser Konzert in Luxembourg vor zwei Wochen war ein voller Erfolg und wurde medial vom Luxembourger Fernsehen RTL begleitet. Dieser schöne, politisch ausgesprochen klare 3-minütige TV-Bericht ist dabei herausgekommen. Das gesamte Konzert wurde gestreamt und kann HIER in voller Länge angesehen werden (und HIER mit französischen Untertiteln). Passend dazu das heutige Radio-Interview im Deutschlandfunk mit dem Luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn.
Ich wünschte, deutsche Politikerinnen und Politiker würden auch so klare Worte finden.
ISRAEL UND PALÄSTINA
Weit weg und doch so nah,
Nicht endend dieses Drama.
Jahrzehnte menschliches Leid,
Tiefe Wunden schlug die Zeit.
Waffenruhe im Heiligen Land,
Krieg und Terror vorerst gebannt.
Zu viel Blut ist schon geflossen,
Bitt’re Tränen sind vergossen.
Lasst die Friedenstauben fliegen,
Aggression und Hass besiegen.
Der Tempelberg muss Stätte sein,
Wo Menschen kommen überein.
Felsendom und Klagemauer
Brauchen Frieden jetzt auf Dauer.
Nichts rechtfertigt tödlichen Streit,
Zum Ziele führt die Menschlichkeit.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen
An die Zeitung „nd-der Tag“ schrieb ich folgenden Leserbrief:
Laut Wikipedia hat der „Nahostkonflikt“ in und um Gaza gerade eben folgende Todesopfer gefordert: 270 tote Palästinenser, davon 66 tote Kinder, in Gaza, im Westjordanland inklusive Ostjerusalem; 14 Tote in Israel, davon 1 toter Soldat, 10 tote Zivilisten, davon 2 Kinder, 2 tote Thai-Gastarbeiter, eine tote indische Haushaltshilfe. Um´s klar zu sagen: Die Tötung von Zivilisten und gar Kindern ist ein Kriegsverbrechen! Das gilt dann bei 2 wie bei 66 Kindern! War da also (Zitat Maas) „das, was Israel tut“, alles „gedeckt vom Recht auf Selbstverteidigung“? Wirklich alles? Präsident Biden sah das eventuell anders – und er hat mit jährlich 3,8 Milliarden Dollar US-Militärhilfe für Israel ja auch wirklich einen wichtigen Hebel in der Hand. Er musste eigentlich nur mit dem Finger zu schnipsen! Das hat er nun. Hätte er das vielleicht auch 6 bzw. 135 Tote, 1 bzw. 33 tote Kinder eher tun können? Oder vielleicht sogar die Provokationen auf dem Tempelberg und die Zwangsräumungen in Sheich-Dscharrah sofort verbieten ? In der Ukraine hat er jedenfalls „No“ gesagt, b e v o r das Kriegsfeuer „ausbrach“! Herr Maas aber hätte mal androhen können, die Lieferung des nächsten U-Bootes, gebaut z.T. auf Kosten deutscher Steuerzahler, zu blockieren. Aber es blieb – nach außen zumindest – bei der „unzerstörbaren Solidarität mit Israel“ – und damit auch bei der deutschen Mitschuld am Kindermord. Auf beiden Seiten.
> Volker Wirth, Berlin