Vom Glück, mit Tieren zu leben

Guten Morgen am vierten Tag des neuen Jahres 2022. Bei meinem Sylvesterspaziergang oberhalb des Lago di Lugano ließ ich das alte Jahr revue passieren, spürte die ungewöhnlich warme Wintersonne auf meinem Gesicht und den Schmerz vieler Abschiede im Herzen, die mir das alte Jahr beschert hatte.

Ich musste mich von Orten, Menschen, Gewohnheiten und Gewissheiten verabschieden (wir wir alle), von Konzerten und Reisen, die maßnahmenbedingt nicht stattfinden durften. Ich musste auch für immer Abschied nehmen von drei Tieren, die mir auf sehr unterschiedliche Weise ans Herz gewachsen waren. Im Mai hatte ich einen aus dem Nest gefallenen jungen Star aufgezogen. Ich nannte ihn Punky, fütterte ihn mit den ekligsten Insekten, ließ ihn beim Abspülen in meinen Händen baden, kurz: wir verstanden uns prächtig. Unmittelbar nachdem ich ihn freigelassen hatte, wurde er von einem Bussard geschnappt, vor meinen Augen. Seine Schreie blieben mir lange im Ohr. Im Juni starb unsere alte Hündin Bobby; immerhin hatte sie 16 gute Hundejahre mit uns verlebt, aber ihr Sturz aus dem fünften Stock — sie hatte sich durch die Gitterstäbe einer Balkontüre gezwängt — war doch ein spektakulär-dramatisches Ende.

Und schließlich Lila, mein Enkelhund, wie ich sie immer nannte. Meine Tochter Stella hatte sie 2019 aus Guatemala mitgebracht, wo sie ein Jahr mit ihr gelebt hatte, und ich durfte sie seither immer wieder hüten, wenn Stella unterwegs war. Mit Lila verbrachte ich zuletzt zwei herrliche Herbstwochen im Bayerischen Wald, wo sie geduldig neben mir lag, wenn ich schrieb; wo wir stundenlange Wanderungen machten und abends gemeinsam das Treiben der Mäuse in der alten Bauernstube beobachteten. Bei unserer Rückkehr freundete sie sich sofort mit der kleinen Katze Maeve, auch Kürbis genannt, an, die in unserer Abwesenheit hier ein neues Zuhause gefunden hatte. Als kurz darauf die Diagnose feststand — Mastzellentumor — hatte die vierjährige Lila noch eine Woche zu leben. Ich vermisse sie täglich, überall.

Stella schrieb am Tag nach Lilas Tod in ihrem Blog diesen traurig-tröstlichen Text. (Wenn Du nicht gerne Englisch liest, benutze deepl.com zum Übersetzen.)

Mir und uns allen wünsche ich für das Neue Jahr Glück und Gesundheit für uns selbst und unsere Liebsten (Tiere wie Menschen), hoffnungsfrohere Aussichten, weniger Beschränkungen und vor allem wieder mehr Offenheit, Achtsamkeit, Gelassenheit und Freundlichkeit, mehr Toleranz und Respekt gegenüber Andersdenkenden, weniger Polarisierung, viele echte Begegnungen mit echten Umarmungen und Gesprächen vis-à-vis (ja, von Angesicht zu Angesicht, auch wenn Zoom ne tolle Erfindung ist). Lasst uns achtsam sein und unsere Ängste ablegen! Was kann schon schlimmstenfalls passieren? Eben.

Herzlichst,