Archiv der Kategorie: Allgemein

Gruß und Dank

Ihr Lieben,

heute ein ganz kurzes Video… 

Grüße, Dank und zwei Veranstaltungen

DANKE 
für die vielen Spenden, die uns als Prozesskostenhilfe erreicht haben. Nun können wir in die 2. Instanz gehen, um uns gegen verleumderische Antisemitismus-Vorwürfe (auch juristisch) zu wehren. Einen ausführlichen Dankesbrief mit Infos von Andreas Zumach findest Du am Ende dieses Newsletters.

Zu diesem Thema gibt es am Freitag ein
PODIUMSGESPRÄCH
im Rahmen der Ulmer Friedenswochen sprechen Andreas Zumach und ich mit Anwesenden zum Thema Konflikt Israel/Palästina, Judenfeindlichkeit/Antisemitismus und unsere besondere Verantwortung als Deutsche
Freitag, 24. September 21, 19 Uhr
Bürgerhaus Mitte, Schaffnerstraße 17, 89073 Ulm

Alle weiteren Infos HIER.

NIRIT & ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH TRIO
spielen im Rahmen von JÜDISCHES LEBEN IN DEUTSCHLAND zur Ausstellungseröffnung mit Bildern des Karikaturisten Kirszenbaum
Donnerstag, 30. September 21, 19 Uhr
VHS Ebersberg, Dr.-Wintrich-Str. 3, 85560 Ebersberg

Auf bald — ich freue mich sehr auf lebendige Begegnungen!

Herzlichst,
Sehr geehrte Damen und Herren,                                        30. August 2021
liebe FreundInnen und Freunde,

ich bedanke mich auch im Namen von Nirit Sommerfeld und Lothar Heusohn vom Ulmer Weltladen ganz herzlich  für die großzügige finanzielle Unterstützung, mit der Sie/Ihr auf mein Schreiben vom 16. Juni mit der Bitte um Prozeßkostenhilfe reagiert haben/habt. Dank Ihrer/Eurer Solidarität sind zumindest die Kosten gedeckt, die uns drei für das Verfahren in erster Instanz vor dem Ulmer Landgericht entstanden sind. Und Ihre Unterstützung hat uns dazu ermutigt, Berufung beim Oberlandesgericht(OLG) Stuttgart einzulegen, was inzwischen geschehen ist. Unser Anwalt ist sehr zuversichtlich, daß das OLG das erstinstanzliche Urteil korrigieren wird. Die Erwartung, das Verfahren vor dem OLG werde noch in diesem Jahr stattfinden, wurde allerdings enttäuscht. Das OLG hat jetzt erst einen Verhandlungstermin für den 22. März 2022 anberaumt. Inoffiziell wurde dieser sehr späte Termin mit Personalnotstand beim OLG begründet. Der Vorteil des späten Termins könnte allerdings sein, daß bis dahin das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über das Revionsbegehren der Stadt München gegen ihre Niederlage vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in Sachen BDS-Beschluss des Stadtrates und Verweigerung städtischer Räume) entschieden hat. Die Verhandlung in Leipzig ist für den 1. Dezember anberaumt. Sollte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil der Vorinstanz bestätigen, wonach der Münchner Stadtratsbeschluß und seine Umsetzung gegen mehrere Artikel des Grundgesetzes verstoßen, könnte dies positive Auswirkungen auf unser Verfahren haben.

Wir müssen uns also gedulden. Sobald es neue Entwicklungen gibt, werde ich Sie/Euch informieren.

Mit besten Grüßen

Andreas Zumach

Wie Besatzer denken


Neulich konnte ich an einer höchst spannenden Konferenz teilnehmen, in der die Professoren Ilan Pappe, Nurit Peled-Elhanan und Haim Bresheeth jeweils einen sehr spannenden Vortrag zu ihren Fachgebieten Geschichte, Pädagogik und die Rolle des Militärs in Israel hielten. Es ging darum, psychologisch-politische Einsichten zu gewinnen – so auch der Name der Veranstalter (Psycho-Political Insight). Die Konferenz trug den Titel Israel and Palestine: The Mind of the Occupier and Dissident Israeli Voices.

Aus meiner Sicht ist es sehr wichtig zu begreifen, wie Israelis denken, wie sie erzogen und sozialisiert werden, um zu verstehen, wie die israelische Gesellschaft im Allgemeinen denkt und handelt. Dieses Verständnis hilft zu erklären, warum es höchst unwahrscheinlich ist, dass aus der israelischen Zivilgesellschaft heraus ein Wandel der politischen Verhältnisse kommen wird.
Nun ist der Link zur gesamten Konferenz endlich freigegeben worden. Wer keine drei Stunden Zeit aufbringen kann und will: Hier geht es direkt zum Beitrag von Ilan Pappe, hier zum Beitrag von Nurit Peled-Elhanan und hier zu dem von Haim Bresheeth.
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Diese Woche habe ich dem Online-Portal Die Freiheitsliebe dieses Interview gegeben:

Sehr erfreulich sind aktuell die Aktivitäten von Palästina Spricht, also von jungen palästinensischen Menschen in ganz Deutschland, die durch Informations- und Aufklärungsveranstaltungen auf die Situation ihrer Landsleute aufmerksam machen wollen. Am heutigen Freitag Abend von 17-20 Uhr sprechen sie in einer öffentlichen Zoom-Veranstaltung darüber, wie, wo und warum in Deutschland permanent versucht wird, die öffentliche Solidarisierung mit Palästina mithilfe des BDS-Vorwurfs zum Schweigen zu bringen. Omar Barghouti, einer der Mitbegründer der aus der palästinensischen Zivilgesellschaft heraus entstandenen Boykott-Bewegung BDS, wird als Sprecher an der Konferenz aus Palästina hinzugeschaltet. Wenn Du also aus erster Hand erfahren möchtest, wofür BDS steht und was Palästinenser mit der Boykottbewegung bezwecken, solltest Du heute online teilnehmen! Mit diesem Link kannst Du Dich anmelden.

Da auch ich seit einigen Jahren permanent mit dem BDS-Label bedacht werde (ungeachtet dessen, dass ich Israel regelmäßig bereise und sogar noch Leute dorthin mitbringe), habe ich jetzt beschlossen, den Spieß umzudrehen. Ich sage hiermit deutlich, dass ich BDS gut finde, weil durch BDS endlich das ganze Thema Israel-Palästina im Gespräch ist. Man muss sich wahrlich keine Sorgen machen, dass Israel wirtschaftlich oder sonstwie die Luft ausgeht, dazu ist der Staat viel zu gut vernetzt. Man kann sich vielfach davon überzeugen, dass der Aufruf zum Boykott israelischer Produkte oder Leistungen nicht per se antisemitisch ist — das haben Hunderte jüdischer und israelischer Wissenschaftler und Künstler vielfach bescheinigt, das ist u.a. in der Jerusalem Deklaration on Antisemitism nachzulesen. Zudem hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages bezüglich des BDS-Beschlusses festgestellt:

Der Beschluss stellt eine politische Meinungsäußerung im Rahmen einer kontroversen Debatte dar. (…) Ein Nutzungsausschluss von BDS-nahen Personen oder Gruppen allein wegen zu erwartender unerwünschter Meinungsäußerungen ist daher mit Art. 5 Abs. 1 GG unvereinbar.28 Insbesondere stellt auch der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 2019 – wie oben dargelegt – keine Grundlage dar, die eine solche Einschränkung rechtfertigen könnte.

Quelle: Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages (die 6 Seiten sind schnell gelesen und leicht verständlich)

Unangenehm ist Boykott schon, davon kann ich ein Lied singen. Was der BDS-Kampagne aber gelungen ist (bisher ohne mein aktives Zutun, das gebe ich zu), ist dass endlich mit größerer öffentlicher Aufmerksamkeit darüber gesprochen wird, welches Unrecht den Palästinensern zwischen Mittelmeer und Jordan durch Besatzungspolitik geschieht. Jüngstes Beispiel ist die Entscheidung der Eiscreme-Herstellerfirma Ben & Jerry’s, die offiziell bekanntgegeben hat, ihre Liefervereinbarung für Eiscreme in die völkerrechtswidrigen jüdischen Siedlungen im besetzten Palästina nicht zu verlängern. Begründung: „Was in den Besetzten Gebieten Palästinas geschieht, ist nicht mit unseren Werten vereinbar.“ Darüber schreibt der Guardian, darüber regt sich die israelische Regierung massiv auf, in den sozialen Netzwerken gehen die Klicks auf den entsprechenden Kanälen gerade durch die Decke. Das Thema hat Aufmerksamkeit, wird debattiert, Menschen fordern andere Unternehmen dazu auf, dem Beispiel von Ben & Jerry’s zu folgen. Eine davon ist Knesset-Mitglied Aida Touma-Sliman:

Der Vertrag von Ben & Jerry’s läuft übrigens erst Ende nächsten Jahres aus. Wir müssen uns also keine Sorgen machen, dass eine Dreiviertel Million Siedler in der Wüste an Eiscrememangel erkranken oder an Süßigkeitenentzug sterben; es wird sich zweifelsohne ein anderer Hersteller finden, der die Lücke füllt. Aber das Thema ist da, ganz klar. Dafür hat die BDS-Bewegung mit ihren Kampagnen gesorgt, und das finde ich gut.

Vielleicht fangen wir jetzt mal an darüber zu sprechen, wie wir weitere Militärgewalt, Kinderverhaftungen, Hauszerstörungen und andere Grausamkeiten verhindern können. Und darüber nachzudenken, wie wir von Europa aus für ein Zusammenleben von Israelis und Palästinensern unter gerechten und menschenwürdigen Bedingungen beitragen können.
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Themenwechsel, aber nicht ganz: Das spannendste Sachbuch über Geschichte, Wissenschaft, die Entwicklung des kapitalistischen Weltsystems und die Transformation der Gesellschaft hat Fabian Scheidler geschrieben (wobei „Sach“Buch zwar richtig ist, aber mit ganz viel Aha und Fühlen).

Ich wünsche Dir Zeit, Ruhe und Aufmerksamkeit für diese fabelhafte Lektüre. Ein Gespräch mit Fabian Scheidler zu seinem Buch findest Du in diesem Video; weitere Interviews zu aktuellen Themen wie Klima und Hochwasser auf seiner Website.

Herzlichst,

Alles, Was Recht ist

Liebe Leserin, lieber Leser meiner gebloggten Briefe,

heute geht es — wie so oft — um „mein“ Thema Israel und Palästina, diesmal aber auch um den Aspekt, wie damit in Deutschland von einigen Leuten, Institutionen, Parteien und Interessengruppen umgegangen wird. Zuerst die gute Nachricht: Heute erschien im München-Teil der Süddeutschen Zeitung in der Rubrik ‚Leute‘ ein fast ganzseitiger Artikel über ein Gespräch, das ich mit der jungen, engagierten und höchst motivierten Palästinenserin Rihm Hamdan führen konnte. Martina Scherf von der SZ hat sehr genau hingehört und unsere beiden Stimmen, wie ich finde, wunderbar wiedergegeben. Hier findest Du den Artikel online, hier als PDF.

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Dass man ausgerechnet mir immer wieder mit dem Vorwurf Antisemitismus und Israelhass kommt, ist an Absurdität und Dreistigkeit eigentlich nicht zu toppen. Es gibt aber derzeit doch eine Steigerung: In Ulm wurde im März 2021 von einem anonymen „Kollektiv 26“ zusammen mit Grüner Jugend, Jusos und Deutsch-Israelischer Gesellschaft eine Mail verbreitet, in der u.a. mein Name erscheint als Person, die zu den Ulmer Friedenswochen nicht mehr eingeladen werden soll. Begründung: Israelhass und Antisemitismus sollen dieses Jahr (sic!) nicht auf der Agenda der Friedenswochen stehen. Aha. Dieses Jahr also ausnahmsweise nicht.

Nachdem ich solcherlei Unfug in den vergangenen fünf Jahren mit Schulterzucken oder Kopfschütteln, wahlweise auch mit mehr oder weniger Ärger und Bauchschmerzen habe über mich ergehen lassen, bin ich diesmal zusammen mit zwei weiteren Betroffenen, dem Journalisten und BIP-Beirat Andreas Zumach und dem Veranstalter des Ulmer Weltladens e.V., Lothar Heusohn, vor Gericht gezogen. In erster Instanz haben wir verloren.

Ein Richter aus Ulm, der über eine Verleumdungsmail zu urteilen hatte (siehe unten Anhang 1 — von zahlreichen Menschen wurde sie als solche gelesen) bescheinigte mir zwar im Gerichtssaal, dass jede Nähe zu Antisemitismus bei mir vollkommen abwegig sei, er bestätigte auch, dass die Mail „a G’schmäckle“ habe (für alle Nicht-Süddeutschen: ein übler Beigeschmack ist gemeint), aber in sein Urteil schrieb er:

„Allein durch diese Fragestellung in Verbindung mit den in Absatz 1 der E-Mail vom 09.03.2021 aufgeworfenen Thematik gebracht zu werden, mag die Klägerin, als nachfolgende Generation von Holocaust-Überlebenden, nachvollziehbar besonders schmerzen, führt jedoch nicht zu einer rechtlichen unmittelbaren Betroffenheit.“

Meine Mutter lehrte mich schon früh: Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei Dinge. Darum habe ich bisher in meinem Leben den Rechtsweg weitestgehend ausgeschlossen. Aber die Dinge ändern sich, und ich bin entschlossen, mit meinen beiden Mitstreitern den Weg in die nächste Instanz mitzugehen. Da das alles extrem kostspielig ist, hat Andreas Zumach einen Spendenaufruf formuliert und dazu die ganzen Vorgänge in Ulm dokumentiert; dies alles leite ich hier gerne weiter und möchte mich schon im Voraus für jeden einzelnen Euro bedanken.

SPENDENAUFRUF von Andreas Zumach
Für alle, die es genau wissen wollen, hier die Dokumentation als PDF-Anhänge:

1. Mail vom 9. März 2021 Ulm
2. Brief von Heusohn an Verleumder
3. Südwest Presse: Worte, die wie Gift wirken
4. Urteil LG Ulm
5. Stellungnahme von Zumach, Heusohn, Sommerfeld

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In dem oben erwähnten SZ-Artikel sage ich, man muss sich mal in die Schuhe des andern stellen, wenn man einer Lösung des ‚Konflikts‘ näher kommen möchte. Das habe ich natürlich nicht selbst erfunden, das haben uns schon andere vorgemacht und es ist, soweit ich weiß, auch eine psychologische Praxis. Mein größtes Vorbild auf diesem Feld sind die Frauen und Männer, die palästinensischen und israelischen Mütter, Schwestern und Brüder, die ihre Liebsten verloren haben und dennoch bereit sind, einander die Hand zu reichen. Am 12. Juli um 19 Uhr veranstalten sie gemeinsam eine Nakba Gedenk-Zeremonie, weil sie damit zum Ausdruck bringen wollen, dass „Versöhnung und Respekt eine aufrichtige Auseinandersetzung mit der Geschichte erfordern“.

Hier kannst Du ein kurzes Einladungsvideo zur Veranstaltung ansehen und Dich für die Online-Zeremonie anmelden.

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Noch nicht genug geguckt? Dann gibt es hier noch zwei neue Videos von den letzten beiden Reden, die ich auf Demonstrationen anlässlich der anhaltenden Gewalt in Palästina und zur fortdauernden Besatzung und ihrer Folgen gehalten habe.

Diese Rede gibt es mit deutschen und englischen Untertiteln zur Auswahl bei YouTube 

Und hier findest Du das Video von meiner Rede vor dem Wuppertaler Rathaus.

Herzlichst,

Ursache, Wirkung und Kontext verstehen

Heute vor 73 Jahren fiel die Bombe in der Straße in Jerusalem, in der meine damals 10-jährige Mutter mit ihrer Familie lebte. Die Bombe — vielleicht war es auch eine Granate — explodierte „versehentlich“ an einem Baumwipfel in der kleinen Siedlung, die sich auch heute noch direkt hinter dem Ben-Yehuda-Markt im Zentrum Jerusalems, unweit der Altstadt, befindet. Durch die Explosion und die Granatsplitter wurden viele Menschen in der Straße, in den Häusern und den kleinen Höfen getötet und verletzt. In unserer Familie kamen der 6-jährige Shalom, der jüngste Bruder meiner Mutter, der Großvater und ein Onkel ums Leben, meine Großmutter Esther und deren Mutter Bat-Sheva überlebten schwer verletzt. Meine Mutter war wenige Minuten zuvor mit ihrer Freundin zum Wasserholen gegangen; die Freundin hatte jedoch ihre Puppe vergessen und lief zurück, um sie zu holen, während meine Mutter am Brunnen auf sie wartete. Die Freundin kam nie wieder; ein Granatsplitter bohrte sich in ihre Lunge, sie verbrannte innerlich.

Diese und ähnliche Szenen, die sich an jenem Tag abspielten, erzählte meine Mutter immer und immer wieder. Der 20. Mai wird in unserer Familie stets ein besonderes, ein traumatisches Datum bleiben. Obwohl ich das alles nie persönlich erlebt habe, so kann ich das Grauen von Kriegsgewalt, vor allem für Kinder, zutiefst nachempfinden. Kinder können sich nicht wehren; Zivilisten können sich nicht wehren. Nicht vor 73 Jahren und nicht heute; nicht in Jerusalem, nicht in Gaza, nirgendwo. Die Zeit heilt die Wunden, aber die tiefen Verletzungen schlummern in unseren Seelen. Sie werden von Generation zu Generation weiter gegeben. Wir alle, jede und jeder Einzelne, kann im Rahmen der eigenen Möglichkeiten dazu beitragen, diesem Wahnsinn ein Ende zu setzen. Sich einmal in die Schuhe der Anderen stellen hilft dabei. Wie das geht, zeigt der israelische TV-Comedian Assaf Harel bereits 2017 in diesem Video; und mit diesem phänomenalen Text macht es uns die Mutter, Großmutter, Feministin und Gründerin des Community Media Centre Andaleeb Adwan aus Gaza leicht, sich in sie hineinzuversetzen — und schwer. (Man kann sich den Artikel auf Deutsch vorlesen lassen, indem man auf das kleine Welt-Symbol rechts neben der Zeitangabe klickt)

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Am vergangenen Montag hielt ich auf dem Rotkreuzplatz bei der Veranstaltung „Waffenruhe sofort!“ diese Rede:

Meine Tochter Lili, so wie ich Mitglied und zudem im Vorstand der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, hielt bei einer Berliner Demo, die von der Jüdischen Stimme und von Palästina Spricht gemeinsam organisiert wurde und die vollkommen friedlich verlief, diese Rede:

Michael Lüders, Nahostexperte und Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, hat sich des aktuellen Themas ebenfalls angenommen in seinem neuesten Podcast-Beitrag:

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Auch wenn es angesichts der dramatischen Ereignisse in Israel und Palästina fast schon vergessen ist: Unser Konzert in Luxembourg vor zwei Wochen war ein voller Erfolg und wurde medial vom Luxembourger Fernsehen RTL begleitet. Dieser schöne, politisch ausgesprochen klare 3-minütige TV-Bericht ist dabei herausgekommen. Das gesamte Konzert wurde gestreamt und kann HIER in voller Länge angesehen werden (und HIER mit französischen Untertiteln). Passend dazu das heutige Radio-Interview im Deutschlandfunk mit dem Luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn.

Ich wünschte, deutsche Politikerinnen und Politiker würden auch so klare Worte finden.

Live! Konzert!! Wir spielen wieder!!!


Mein ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH und ich sind überglücklich, dass wir am kommenden Freitag in Luxembourg im Centre Culturel Altrimenti LIVE und vor anwesendem, atmendem, spür- und hörbarem Publikum unser Konzert Nicht ganz kosher! spielen dürfen. Wenn Du nicht gerade zufällig in Luxembourg bist, kannst Du trotzdem dabei sein, indem Du diesen LINK auf YouTube anklickst. Das Konzert beginnt am Freitag, den 30. April um 20 Uhr und dauert mit Pause etwa zwei Stunden. 

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Am Sonntag, den 2. Mai gibt es um 19 Uhr einen Live-Podcast auf dem YouTube-Kanal 99 ZU EINS. Nadim, einer der Betreiber des Kanals, wird meiner Tochter Lili und mir zum Thema „Jüdische Diversität in Deutschland“ allerlei Fragen stellen. Nadim und Daniel beschreiben ihren Kanal so: 

Es steht 99 ZU EINS, eine winzige Minderheit dominiert mit ihren Interessen und ihrer Politik die überwältigende Mehrheit der Weltbevölkerung. (…)

Unser Ziel ist es mit klaren Informationen, zugänglich aufbereitet, Menschen abzuholen und ihnen ihre Position im System und natürlich auch ihre Möglichkeiten der Mitgestaltung bewusst zu machen. Keine trockene Theorie und akademische Debattenkultur, sondern lockerer, humorvoller Umgang miteinander. (…)
Zu sehen und hören auch auf Facebook und Instagram.

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Und hier noch ein Video, das ich im Rahmen der Kunstaktion THIS IS GERMANY kürzlich aufgenommen habe. Einige Künstlerinnen und Künstler aus Berlin haben sich Gedanken gemacht, was das „wir“ in Deutschland bedeutet, was „uns“ trennt oder eint, was uns als Cultural Community ausmacht und wie man viele unterschiedliche Stimmen zu bestimmten aktuellen Themen hörbar machen kann — jenseits von Theatern, Hörsälen, Museen oder Seminarräumen. Dazu haben sie ganz verschiedene Menschen gebeten, etwas in wenigen Minuten zu einzelnen Begriffen zu sagen und sich selbst dabei zu filmen.

Ich wurde gefragt, was mir zum Thema „Menschen mit Nazihintergrund“ einfällt; gar nicht so einfach, all die Assoziationen und Gedanken dazu in fünf Minuten zu formulieren. Aber ich hab’s gemacht, wie Du oben sehen kannst. Auf diesem Link Tree kannst Du Dir aussuchen, über welche Plattform Du Dir noch andere so entstandene Videos ansehen möchtest (ich persönlich finde YouTube am übersichtlichsten). Es gibt viele spannende Beiträge auch zu anderen Begriffen wie „Cancel Culture“ oder „Biodeutsch“. 

Ich muss gestehen, dass ich mich selbst noch daran gewöhnen muss, zu einem komplexen Thema in kürzester Zeit irgend etwas vor laufender Kamera zu sagen. Ohne Rückfragen, ohne Dialog, ohne lebendigen Austausch und der entsprechenden Möglichkeit, die eigenen Gedanken zu reflektieren und gegebenenfalls zu korrigieren. Aber wir müssen uns ja ohnehin gerade an so manches gewöhnen, das mehr als gewöhnungsbedürftig ist. Darum bin ich gerne bereit, mich auf Experimente wie dieses einzulassen — und nehme in Kauf, dass da auch einiges schiefgehen kann. Daher bin ich offen für Kritik und Anregungen. 

Ich freue mich auf ein Wiedersehen… ganz besonders in Luxembourg!

Herzlichst,

Gedenken, BÜCHER und was Antisemitismus nicht ist

Besonders am Herzen liegt mir in diesen Tagen der bevorstehende Joint Memorial Day, ein gemeinsamer Gedenktag für und von Israelis und Palästinensern. Initiiert von Combatants for Peace, ehemaligen militanten Kämpfern beider Seiten, und dem Parents Circle, einem Zusammenschluss von Menschen, die im israelisch-palästinensischen ‚Konflikt‘ ihre Liebsten — Kinder, Partner, Geschwister — verloren haben, findet dieses Jahr zum 16. Mal das gemeinsame Gedenken statt. Auch Du kannst an der Veranstaltung online teilnehmen, indem Du am kommenden

Dienstag, den 13. April um 19.30 diesen Link

anklickst. In diesem zweiminütigen Video …

… bekommst Du einen Eindruck davon, warum gerade die Menschen, die ihr Teuerstes verloren haben, bereit sind, einander die Hand zu reichen und in Frieden miteinander zu leben.
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Warum das mit dem Frieden machen aber nicht so einfach ist und leider eben nicht nur vom Willen einer einsichtig gewordenen Bevölkerung abhängt, erklärt vielleicht das erste der beiden Bücher, die ich wie versprochen heute vorstelle (beim nächsten Mal kommen noch zwei Bücher dazu, die ich Dir unbedingt auch noch ans Herz legen muss). Michael Lüders stellt mit seinem neuesten Sachbuch DIE SCHEINHEILIGE SUPERMACHT äußerst spannende, leider auch entsetzende Zusammenhänge zwischen den Machtzentralen und den Medien in unserer „Westlichen Wertegemeinschaft“ her. Auch wenn Du schon viel zu diesem Thema weißt — etwa was Framing, Kontext oder Auslassung bedeutet — wird dieses Buch Dich mit seinen konkreten Fallbeispielen überraschen und im besten Sinne des Wortes ent-täuschen.

Meine zweite Buchempfehlung ist eine lose Sammlung kurioser, witziger, teils absurder Kurzgeschichten und Anekdoten, die Thomas Vogler in über 20 Jahren in seiner Jazzbar, dem mittlerweile legendären „Vogler“ in der Münchner Innenstadt entsprungen sind. Mit dem wunderbaren Titel DER KOTZENDE HUND kannst Du Dir amüsante Lese-Momente bescheren, auch oder gerade, wenn Dir selbst in diesem Ausnahmezustand gerade zum k….. ist.

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Schließlich habe ich noch ein kleines eigenes Video im Gepäck, ein Interview, das die Veranstalter unseres für den 30. April geplanten Konzertes in Luxembourg mit mir geführt haben (ein einminütiger Trailer HIER):

Höchstwahrscheinlich werden wieder ein paar besonders eifrige Aufpasser auf die Idee kommen, die Veranstalter in Luxembourg zu „warnen“ vor dem vermeintlichen Antisemitismus und Israel-Hass, den ich angeblich verbreite, und ihnen (bestenfalls) vorschlagen, mich wieder auszuladen oder ihnen (schlechtenfalls) mit Boykott und anderen Hässlichkeit zu drohen. Ich empfehle ihnen allen die neue AS-Definition namens The Jerusalem Deklaration on Antisemitism zu lesen (HIER im englischen Original, weiter unten auf Deutsch). Sie wird hoffentlich über kurz oder lang die viel zu schwammige IHRA-„Arbeitsdefinition“ ablösen, denn sie besagt nach meinem Verständnis in einfachen Worten:
Antisemit ist, wer etwas gegen Juden hat, sagt oder macht, weil sie Juden sind.
In den Punkten 11.-15. wird erklärt, was NICHT antisemitisch ist, etwa die Unterstützung der palästinensischen Forderungen nach Gerechtigkeit, faktenbasierte Kritik am Staate Israel oder das Nachdenken über andere Formen (als der de facto nicht mehr machbaren Zwei-Staaten-Lösung) des Zusammenlebens aller Bewohner zwischen Jordan und Mittelmeer.
Allen Interessierten empfehle ich wirklich, sich diese klar und übersichtlich formulierten vier Seiten anzusehen.

Herzlichst,

Auch Bücher brauchen Bühnen

Derzeit beschäftigen mich Bücher — kein Wunder in einer Zeit, in der andere Kulturgüter und Kunstformen nicht oder kaum sichtbar sind. Wenn es Dir auch so geht und Du auf der Suche nach neuem Lesestoff bist, kann ich behilflich sein. Denn drei meiner Freunde haben just jetzt im März ihre Bücher herausgebracht, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Ein historischer Familien-Roman, der vor der israelischen Staatsgründung beginnt; ein politisches Sachbuch, das sich mit Macht und Medien befasst; und schließlich eine (fast musikalische) Anekdotensammlung aus einer bekannten Münchner Jazzbar.

Heute will ich mit dem Roman JAFFA ROAD beginnen, in dem es um „ein vielstimmiges Panorama der Kulturen“ geht, wie der Fischer-Verlag schreibt, also um Deutsche, Juden und Palästinenser und deren Sichtweisen auf ihre Geschichte. Autor der 670-Seiten starken Familiensaga ist Daniel Speck, dessen ersten beiden Bücher BELLA GERMANIA und PICCOLA SICILIA ich bei deren Erscheinen auch schon vorgestellt hatte. Was Daniel selbst zu seinem neuen Buch zu sagen hat, kannst Du in diesem AZ-Interview nachlesen. Ich hatte die Ehre, JAFFA ROAD bereits vor der Veröffentlichung lesen zu dürfen und kann Dir versichern: Es ist spannend, es ist bewegend, und es ist lückenlos, zuverlässig und fundiert recherchiert.

Daniel Speck stellt JAFFA ROAD am kommenden Freitag, den 26. März um 20 Uhr mit Jan Weiler im Literaturhaus München vor. Karten für den Live-Stream können jetzt schon und bis 60 Minuten vorher gebucht werden: stream.reservix.io/e1649856.

Die nächsten beiden Bücher stelle ich in den kommenden Tagen vor. Und dann gibt es auch noch eine Konzertankündigung — und zwar für ein Live-Konzert! NIRIT & ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH dürfen wieder spielen, auf einer echten Bühne und mit Publikum!!! Das kannst Du gar nicht glauben?! Ich auch noch nicht so recht, aber unsere Veranstalter sind der Überzeugung, dass das am 30. April klappt. Details dazu beim nächsten Mal.

Bis dahin herzlichste Vorfrühlingsgrüße und gutes Lesevergnügen!

Beweise

Immer wieder werde ich gefragt, ob ich denn Beweise hätte für meine Behauptungen, ich würde diffamiert werden, oder ausgeladen, oder explizit nicht eingeladen. Oder ob es wahr ist, dass die Stadt München bereits mehrfach Veranstaltungen mit mir nicht zugelassen bzw. öffentliche Räume dafür verweigert hätte mit der Begründung des BDS-Beschlusses der Stadt. Die Stadt München setzt — um es kurz und unjuristisch auszudrücken — BDS mit Antisemitismus gleich, und da man mich wiederum mit BDS gleichsetzt, bin ich — Du hast es richtig geschlussfolgert — genau: Antisemitin. So einfach geht Mathematik in München. Und ja, dafür habe ich Beweise, und es ist auch schon justitiabel geworden, will heißen: In München darf laut Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichtshofs in öffentlichen Räumen auch über BDS diskutiert werden, wie die Süddeutsche Zeitung im November 2020 berichtete. Im Übrigen gibt es mittlerweile schon mehrere Gerichtsurteile, deutsche und europäische, die BDS als nicht antisemitisch bewerten. Ganz gleich also, ob man für oder gegen Boykott israelischer Produkte ist, fest steht: Die Bewegung BDS ist nicht antisemitisch.

Um die erste Frage vorweg zu klären: Natürlich habe ich Beweise. Ganze Ordner voll, inhaltlich und chronologisch gut sortiert. Es gibt auch eine lange Liste mit anderen abgesagten und verhinderten Veranstaltungen, die nichts mit mir, aber alles mit dem Thema „kritisches Hinterfragen der israelischen Politik gegenüber Palästinensern“ zu tun haben. Selbstverständlich kann man auch bei den über 30 Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen nachfragen, die Mitte Dezember 2020 die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit (GG steht für GrundGesetz, Artikel 5 Abs. 3: Meinungsfreiheit) ins Leben gerufen haben. Immerhin sind da respektable Organisationen dabei wie etwa das Goethe-Institut, das Humboldt-Forum, das Zentrum für Antisemitismusforschung, die Berliner Festspiele, das Jüdische Museum Hohenems, große Theater und viele mehr. Ein Blick in deren Plädoyer lohnt allemal, wenn man aus erster Hand erfahren will, was deren Anliegen ist.

Noch ein Beweis gefällig? Gerade frisch erschienen ist ein Video zum Thema Wikipedia von den Machern der Geschichten aus Wikihausen. Darin wird sehr anschaulich erklärt, wie Feliks (ich hatte schon über ihn berichtet) und seine Freunde seit Ende Januar bemüht sind, u.a. den Wikipediaeintrag über mich zu „bereinigen“, also all das zu löschen, was beweisen könnte, dass dieser ganze Artikel im Grunde nur dazu dient, meine Person zu diskreditieren. Es darf als positives Zeichen gewertet werden, dass selbst der SPIEGEL über die Machenschaften von Feliks berichtet.

Aber — Schwamm drüber (oder auch nicht, aber das wollen wir lieber vor Gericht klären als hier im Blog) — entscheidend ist, dass es hier um etwas ganz anderes geht, nämlich darum, dass wir, die wir Kritik üben an der israelischen (Besatzungs-)Politik, zum Schweigen gebracht werden sollen, damit wir NICHT über das sprechen, was uns bewegt:

Die Unterdrückung palästinensischer Menschen durch die israelische Regierung und das israelische Militär

Die Verhinderung der Palästinensischen Souveränität durch Israel und seine politischen Freunde

infolgedessen
Das Einsperren von Kindern
Das Zerstören von Häusern und Existenzen
Die Kontrolle von
Bewegungsfreiheit, Wasser, Ressourcen, Justiz, Gewalt


UND
DER WUNSCH NACH EINER FRIEDLICHEN UND GERECHTEN LÖSUNG FÜR ALLE MENSCHEN ZWISCHEN MITTELMEER UND JORDAN
mit 
GLEICHEN RECHTEN FÜR ALLE DORT LEBENDE MENSCHEN

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Die besten Beweise findet man, wenn man mit eigenen Augen sieht und mit eigenen Ohren hört. Daher habe ich mich entschieden, die Aufzeichnung unseres Jubiläumskonzertes vom 5. Oktober 2019 im Münchner Gasteig heute zu veröffentlichen, trotz einiger tontechnischer Probleme (wer feine Ohren hat, möge es mir verzeihen). Du kannst Dir hier unten einen 30-minütigen Zusammenschnitt ansehen oder auf Anfrage einen Link zum Konzert in voller Länge erhalten (2’20“). Hier kannst Du eine Zusammenfassung meiner Moderationen (8 Min.) sehen.

https://vimeo.com/509591701

Damals wurde ich einige Tage vor dem Konzert per Mail aufgefordert, schriftlich zu bescheinigen, ich würde „keine antisemitischen Inhalte“ von mir geben und auch nicht BDS thematisieren; andernfalls behalte man sich vor, die Veranstaltung zu unterbrechen. Man hat mir also Antisemitismus-Aufpasser ins Publikum gesetzt, sicherheitshalber. Das habe ich schriftlich.

Ab jetzt kann sich jede*r selbst davon überzeugen, wie viel angeblicher Antisemitismus und Judenhass in meiner Arbeit steckt, und ob es berechtigte Gründe gibt, meine jüdische Stimme in München oder sonstwo zum Schweigen bringen zu müssen. Wer hingegen findet, solche Stimmen sollten gehört werden, kann mich gerne zu seiner oder ihrer nächsten öffentlichen Veranstaltung einladen, als Sängerin mit Band oder als Diskussionspartnerin. Live oder virtuell. Ich war, bin und bleibe immer und mit allen redebereit. Auch dafür gibt es Beweise.

Hier noch drei einzelne Songs, live aus dem Jubiläumskonzert:
ALLES SCHEIN, can’t fall out of love und The Day You Wake Up von und mit meiner Tochter Lili Sommerfeld. Übrigens: Jubiläum, weil wir 2019 das 20-jährige Bestehen unserer Band ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH feierten, die früher KLEZMORIM hieß.

Und weil wir gerade bei Beweisen sind: Der Internationale Strafgerichtshof wird jetzt Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen und Gräueltaten in den Palästinensergebieten einleiten. Es gebe, so die Chefanklägerin Fatou Bensouda, klare Hinweise, dass die Täter israelische Soldaten und auch bewaffnete Palästinenser seien. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft und andere vermeintliche „Freunde Israels“ poltern schon heftig gegen die bloße Entscheidung, dass der Internationale Strafgerichtshof überhaupt nur zuständig ist für Israel und Palästina; Netanyahu liefert dafür gewohnt demagogisch (oder heißt das dämonlogisch?!) ein flammendes Plädoyer und schließt mit den Worten: „We will fight this perversion of justice with all our might!“ Aber der Gerichtshof ist stark und er ist international. Er wird seine Arbeit machen und herausfinden, wer hier die Justiz pervertiert. Ich bin überzeugt, dass er Beweise finden wird.

Mit Brian Eno in einem Boot

Seit die Initiative Weltoffenheit GG 5.3. von über 30 führenden Kulturinstitutionen am 10. Dezember an die Öffentlichkeit gegangen ist mit ihrer Position gegen den BDS-Beschluss der Bundesregierung (obwohl sich dort niemand für BDS ausspricht!), durch den „durch missbräuchliche Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs wichtige Stimmen beiseite gedrängt und kritische Positionen verzerrt dargestellt“ werden, tut sich einiges in der Kulturwelt. Auch der Guardian hat sich des Themas angenommen und heute diesen Artikel von und über Brian Eno und mich und andere Künstler, die im selben Boot sitzen, publiziert. 

Ich wünsche eine anregende Lektüre. Wer nicht gerne Englisch liest: Auf meiner Website gibt es jetzt eine Übersetzungsfunktion, oben links.

The Guardian:
Artists like me are being censored in Germany – because we support Palestinian rights

Brian Eno

A 2019 parliamentary resolution has had a chilling effect on critics of Israeli policy. Now the cultural sector is speaking up

Brian Eno at his Light Music exhibition in London, 2018Brian Eno at his Light Music exhibition in London, 2018. Photograph: Yui Mok/PA

I am just one of many artists who have been affected by a new McCarthyism that has taken hold amid a rising climate of intolerance in Germany. Novelist Kamila Shamsie, poet Kae Tempest, musicians Young Fathers and rapper Talib Kwelli, visual artist Walid Raad and the philosopher Achille Mbembe are among the artists, academics, curators and others who have been caught up in a system of political interrogation, blacklisting and exclusion that is now widespread in Germany thanks to the passing of a 2019 parliamentary resolution. Ultimately this is about targeting critics of Israeli policy towards Palestinians.

Recently, an exhibition of my artwork was cancelled in its early stages because I support the nonviolent, Palestinian-led Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) movement. The cancellation was never publicly declared, but I understand it to have been the consequence of cultural workers in Germany fearing that they and their institution would be punished for promoting someone labelled as “antisemitic”. This is the work of tyranny: create a situation where people are frightened enough to keep their mouths shut, and self-censorship will do the rest.

But as my own story is relatively minor, I’d like to tell you about my friend, musician Nirit Sommerfeld.

Nirit was born in Israel and raised in Germany, and retains her lifelong connection to both places, including to her extended family in Israel. As an artist, she has been dealing with the relationship between Germans, Israelis and Palestinians for more than 20 years in songs, texts and performances, dedicating all her shows to international and inter-religious understanding.

Yet now Nirit finds herself unable to do her cultural work freely. When considering her application for arts funding, state officials have told Nirit they needed to vet her work; when trying to book a concert venue in Munich, her hometown, she was told by the organisers that the show would be cancelled unless she confirmed in writing that it would feature no “support for the content, topic and goals” of the BDS campaign. She has repeatedly been a target of smear campaigns. 

Why has this happened?

Because she has spoken about what she has seen with her own eyes: Israel’s racist laws against its own citizens who are Palestinian; Israel’s military checkpoints, house demolitions, the separation wall, the land-grabs, the incarceration of children, and Israeli soldiers humiliating and killing Palestinians of all ages. She has witnessed the illegal use of phosphorus bombs against Gaza and the indifference – at best – of many in Israeli society.

I asked Nirit how she feels about the situation: “After returning for two years to Tel Aviv, and many visits to the occupied Palestinian territories, I understood that Israel doesn’t live up to its professed high moral standards. The lesson learned from the Holocaust was ‘Never again!’ But is it intended only to protect us Jews? For me ‘Never again!’ must include ‘never again to racism, oppression, ethnic cleansing anywhere – as well as never again to antisemitism’.”

Nirit’s music celebrates her Jewish past and present through song. As an artist whose grandfather was murdered in the Nazi genocide, she finds it “profoundly disturbing” that she is subject to censorship and inquisitorial McCarthyism by German public officials and institutions.

In Nirit’s view: “When defenders of Israel insist that these occupation and apartheid policies are done in the name of all Jews worldwide, they fuel antisemitism. Fighting antisemitism should not and cannot be done by demonising the struggle for Palestinian rights.”

Nirit’s experience is an example of the Kafkaesque situation we’ve drifted into: a Jewish woman, whose work is all about history, memory, justice, peace and understanding, falsely accused of antisemitism – by German institutions. The absurdity of the accusation makes one thing clear: this isn’t actually about antisemitism at all, but about limiting our freedom to discuss the political and humanitarian situation in Israel and Palestine.

So how has this situation come about?

In 2019, a vaguely worded non-binding parliamentary resolution was passed in Germany, falsely equating the BDS movement with antisemitism. In a short space of time, this resolution has paved the way for an atmosphere of paranoia, fuelled by misinformation and political opportunism.

BDS is a peaceful movement that aims to pressure Israel to end its violations of Palestinian human rights and to respect international law. It is modelled on precedents from the US civil rights movement, and most famously the movement against apartheid in South Africa. It targets complicity with an unjust regime, and it targets institutions, not individuals or identity. BDS alerts public consciousness to an untenable and deeply unjust status quo and mobilises action to end any involvement in sustaining it.

Yet festival directors, programmers and entire publicly funded institutions are subjecting artists to political tests, checking if they have ever criticised Israeli policy. This system of surveillance and self-censorship has come about because cultural institutions find themselves under attack by anti-Palestinian groups when they invite an artist or academic who holds a view of Israel’s occupation deemed unacceptable to them.

To give one example among many, the director of Berlin’s Jewish Museum, Peter Schäfer, was forced to resign after the museum tweeted the link to an article in a German newspaper about an open letter by 240 Jewish and Israeli scholars, including leading experts on antisemitism, that was critical of the anti-BDS resolution.

But now, in an unprecedented move, representatives of 32 of Germany’s leading cultural institutions, including the Goethe-Institut, have spoken out together, expressing alarm about the repression of critical and minority voices in Germany as a result of the parliament’s anti-BDS resolution.

Their joint statement says: “By invoking this resolution, accusations of antisemitism are being misused to push aside important voices and to distort critical positions.” A few days later, more than 1,000 artists and academics signed an open letter supporting the protest by cultural institutions.

At a time when colonial legacies are increasingly being questioned, discussing this particular instance of ongoing colonialism is instead becoming taboo. But it has never been more urgent: the situation for Palestinians living under apartheid and occupation worsens by the week.

We should all be alarmed by this new McCarthyism. Artists, like all citizens, must be free to speak out and take meaningful action, including principled boycotts, against systems of injustice. If left unchallenged, the silencing of dissent and the marginalisation of minority groups will not stop with Palestinians and those who support them.

  • Brian Eno is a musician, artist, composer and producer

Uganda Update

Die Wahlen in Uganda haben stattgefunden, Alt-Präsident Museveni beansprucht den Sieg für sich. Doch es scheint Beweise zu geben, dass die Wahl manipuliert war und Musevenis Herausforderer Robert Kyagulanyi, als Pop-Star auch bekannt als Bobi Wine, der Wahlsieger ist.

(Meine Informationen stammen von einem Vertrauten Bobi Wines, dem Musikmanager Rikki Stein. Der kontaktierte mich über den britischen Musiker Brian Eno, mit dem ich derzeit in engem Kontakt stehe. Sorry, dass die Petition im letzten Blog-Eintrag keinen Link zum Unterschreiben hatte!)

Jedenfalls wird Bobi Wines Haus seit Tagen von Militärs abgeriegelt. Niemand kann rein, niemand raus. Ein Freund, der Abgeordnete Francis Zaake, der ihn besuchen wollte, wurde verprügelt und liegt im Krankenhaus. Rikki Stein schreibt:
„Keine Verbesserung in Sicht. Bobi, seine Frau Barbie und ein Helfer, Moses Bwayo, werden immer noch am sechsten Tag ihrer Inhaftierung in Bobis Haus festgehalten, dazu ihre 18 Monate alte Nichte, die vor der Blockade zu Besuch kam. Gestern kam die US-Botschafterin Natalie Brown zu Besuch und brachte dringend benötigte Lebensmittel mit. Sowohl die Botschafterin als auch das Essen wurden abgewiesen.

Der nigerianische Menschenrechtsanwalt Femi Falana hat bei der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierungen (UN-WGAD) eine Beschwerde über den anhaltenden Hausarrest Bobi Wines eingereicht.
Berichte über Verhaftungen, tödliche Schießereien, Verhöre und Folter gehen weiter. Ein ranghoher Polizeibeamter gab diese unglaubliche Videoaussage ab, in der er uns ernsthaft versichert, dass der Abgeordnete Francis Zaake nicht geschlagen wurde, aber auch nicht erklären kann, wie Zaake nach seiner Verhaftung mit mehreren Verletzungen in einer Polizeistation gefunden wurde und weiterhin auf der Intensivstation liegt.“

Immerhin gibt es einige Beschwerden gegen die Ugandische Regierung, u.a. vom US-Außenministerium, und der Guardian hat ausführlich berichtet, vor einigen Tagen sogar mit einem kurzen Videostatement von Bobi Wine. In deutschen Medien wurde auch berichtet, u.a. bei der Deutschen Welle. Laut Tagesschau wurden über 50 Anhänger Bobi Wines bereits im Wahlkampf von Ugandischen „Sicherheitskräften“ getötet.

Ob Du als Einzelne*r da irgend etwas unternehmen kannst? Ich weiß es auch nicht. Fragen ans Auswärtige Amt? Briefe an die Ugandische Botschaft? Petitionen? Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Warum ich das alles hier trotzdem erzähle? Weil diese willkürliche Gewalt, dieser Machtmissbrauch, diese Ungerechtigkeit mich wahnsinnig machen. Mir ist klar, dass es das überall auf der Welt gibt, an manchen Orten mehr und an manchen weniger. Und es gibt weiß Gott viele brisante Themen, die uns in diesen Tagen beschäftigen. Umso größer ist die Gefahr, dass Vieles verborgen bleibt und in Vergessenheit gerät. Darum.

In diesem Fall habe ich außerdem wieder einmal einen persönlichen Bezug: Ich durfte einen Teil meiner Kindheit in Ostafrika aufwachsen, fühle mich dorthin besonders verbunden und habe daher natürlich sofort zugesagt, mich in dieser Sache zu engagieren — vielleicht auch gewissermaßen aus Solidarität mit dem „Musikerkollegen“ Bobi Wine.

Was Du auf jeden Fall tun kannst: Schicke ihm einen Gruß auf Twitter (falls Du twitterst) oder auf Facebook. Seine eigene Homepage ist gerade stillgelegt, weil das Internet in Uganda weitgehend ausgeschaltet wurde. Wie er es dennoch schafft, sich auf den Social Media zu melden, kann ich nicht sagen. Und falls Du das alles nicht machen kannst: Schicke ihm doch einen freundlichen Gedanken. Freundlichkeit geht immer — und funktioniert sogar „nur“ im Geiste.

Herzlichst,