Nachtrag zu Samirs Spendenaufruf

Nachdem sich einige von Euch gemeldet haben, um Samir zu unterstützen, gibt es am Ende dieser Mail Details zu einer kostenfreien Überweisung auf ein österreichisches Konto, bei dem weder für uns noch für ihn Gebühren anfallen. Aber zunächst möchte ich von meiner Geschichte mit Samir erzählen.

Samir und seine Frau Tanny bei unserem letzten gemeinsamen Treffen in Bethlehem, Oktober 2019

Samir habe ich kurz vor Weihnachten 2005 kennengelernt. Er war mir als „der beste Reiseleiter Bethlehems“ von einem Wiener Pfarrer ans Herz gelegt worden. Mit Samir durfte ich die Stadt erstmals aus palästinensischer Perspektive erkunden. Als ich erstmals den monströsen Checkpoint passierte und zu ihm ins Auto stieg — die Warnungen meiner israelischen Familie im Ohr, ich könnte entführt, gefoltert, getötet werden und würde damit Israels gesamte Sicherheit gefährden, weil man mich dann aus den Fängen der Terroristen befreien müsse — als ich also in seinem Auto saß und mich anschnallen wollte, sagte er in perfektem Deutsch zu mir: „Sie können, aber Sie müssen sich hier bei uns nicht anschnallen. Willkommen im Land der Freiheit!“. Kurz darauf fragte er mich lachend, ob ich nicht meiner Familie Bescheid sagen wolle, dass ich wohlbehalten durch Bethlehem chauffiert und nicht entführt würde; spätestens dann war der Bann gebrochen.

Er brachte uns nicht nur, wie verabredet, kurz zu einem Treffen mit Mitri Raheb, sondern begleitete uns den ganzen Tag durch Bethlehem. Am selben Abend wurde der Beginn unserer Freundschaft mit einem Besuch bei ihm zu Hause besiegelt, bei dem seine Frau und seine beiden Kinder uns aufs Herzlichste willkommen hießen und uns bis spät in die Nacht von ihrem bewegten Leben erzählten.

Seither vergeht kaum ein Jahr, an dem wir uns nicht in Bethlehem sehen. Viele meiner Reisegruppen sind in den Genuss seiner Führungen gekommen. Dabei konnte ich immer wieder Zeugin seiner unglaublichen Sprachkenntnisse werden: Samir wechselt mühelos von Deutsch nach Englisch, Italienisch, Spanisch oder Hebräisch und beherrscht auch noch zwei weitere Sprachen. Seine Kinder haben mittlerweile studiert, der Sohn ist Zahnarzt in Wien. In all den Jahren hat er der Besatzungsrealität mit guten Ideen, Kreativität (er hat schon zig Berufe erlernt und ausgeübt), unfassbar viel Humor und einem tiefen christlichen Gottesglauben standgehalten. Nun ist sein größter Schmerz der Tatsache ins Auge zu blicken, dass seine Kinder außerhalb Palästinas ein besseres Leben erwartet als in ihrer Heimat — ohne Aussicht auf ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Selbstbestimmung. Sein eigenes Leben hat, nach einem Studium in Detroit, Stuttgart und anderen Stationen, viele Höhen und Tiefen erlebt; in der aktuellen Notsituation erlebe ich erstmals in den vielen Jahren, dass er um Unterstützung bittet.

Hier nun sein letztes Schreiben an mich mit seiner Bankverbindung. Danke für Deine Unterstützung!

Herzlichst,