Alle Beiträge von Nirit Sommerfeld

Tausende Israelis demonstrieren gegen ihre Regierung

Jeden Morgen lese ich alle politischen Artikel in Haaretz, der einzigen israelischen Tageszeitung, die noch so etwas wie echten Journalismus publiziert. Zur Zeit lese ich auch zwischendrin mal oder abends, auch andere (meist israelische) Publikationen, weil innerhalb Israels große Unruhe herrscht. Selten, muss ich gestehen, lese oder gucke ich mir deutsche Medien zu dem Thema an, weil ich zu oft erfahren musste, dass bei uns in Deutschland die Berichterstattung sehr vom regierungsnahen israelischen Narrativ gefärbt ist. Dies steht oft in krassem Gegenteil zu dem, was ich persönlich gesehen, gehört und erlebt habe in Israel und Palästina – nicht unbedingt, weil Falschaussagen getroffen werden, sondern viel mehr durch Auslassungen und durch bestimmte Wörter oder Begriffe, die verwendet werden. Wenn ich zum Beispiel lese:
„Israelische Soldaten überwältigen mutmaßlichen Terroristen“
dann assoziiere ich „die Guten (Soldaten) beschützen uns vor jemandem (Terroristen), der uns Böses antun will“. Wenn ich hingegen lese:
„Autistischer palästinensischer Mann (32) auf seinem Heimweg vom Betreuungszentrum von zwei Soldaten durch die Altstadt von Jerusalem verfolgt, überwältigt und am Boden liegend erschossen“
dann habe ich andere Assoziationen, andere Bilder im Kopf. Die muss ich hier nicht weiter erklären.

Solche Fälle wie der des erschossenen Autisten Eyad Hallaq – hier ein Bericht über den Vorfall – sind keine Ausnahme. Sie sind fast Alltag. In den vergangenen elf Jahren sind durchschnittlich 26 Palästinenser pro Monat gestorben. Das ist fast täglich ein Mensch. Darunter waren 802 Kinder. Eine detaillierte Statistik findet sich auf der Website der israelischen Menschenrechtsorganisation B’tselem.

Warum erzähle ich das hier? Ich tue das, weil hierzulande nicht oft genug darüber gesprochen und geschrieben wird, und das ist mit ein Grund dafür, dass sich nichts zum Besseren ändert. Auch über die täglichen Proteste Tausender, die sich gegen Netanyahus Regierungspolitik richten und die von der Polizei und von rechten Gegendemonstranten teilweise mit brutaler Gewalt offen bekämpft werden, hören wir hier wenig. Ich habe mal recherchiert: Die Tagesschau berichtete dreimal darüber, einmal um 7 Uhr morgens, einmal um 16 Uhr und einmal um 5.30 Uhr. Nicht gerade Prime Time. Aus meiner Sicht hätte dieses Thema mehr Aufmerksamkeit verdient. Nicht nur, weil Deutschland eine ganz besondere Beziehung zu Israel hat, sondern weil Vieles, was in Israel passiert, so etwas wie ein Kompass ist für das, was andernorts in der Welt geschieht. Die Parallelen zu Geschehnissen in den USA sind nicht zufällig. So sagt Hagai El-Ad, Leiter von B’Tselem in seinem sehr lesenswerten Interview in Haaretz:
‚It’s Like George Floyd. We Have Our Knee on the Palestinians‘ Necks‘. (Es ist wie bei George Floyd. Wir haben unser Knie auf dem Nacken der Palästinenser.)
(Für Nicht-Abonnenten gibt es das Interview hier als PDF. Mit www.deepl.com lässt es sich recht gut verständlich übersetzen.)

Das alles erzähle und teile ich hier, weil es immer noch Menschen gibt, die von alledem keine Ahnung haben, schlimmer noch: Sie halten es für unmöglich, dass in so einem tollen jungen Staat, den sie für die ‚einzige Demokratie im Nahen Osten‘, für ein Bollwerk gegen Faschismus, Antisemitismus, Judenhass und islamischen Fanatismus im ‚Orient‘ halten und für den einzig sicheren Hafen für Juden weltweit – dass in diesem Staat solch grausame Dinge geschehen, die sich mit Völker- und Menschenrechten, mit demokratischen Grundsätzen nicht vereinbaren lassen. Deutschland ist diesem Staat aufgrund seiner Geschichte auf ewig verpflichtet. Aber die Verpflichtung lautet: NIE WIEDER dürfen Menschen aufgrund ihrer Ethnie, ihrer Religion oder aus welchen Gründen auch immer ausgegrenzt, unterdrückt und ihrer Grundrechte beraubt werden. Menschen. ALLE Menschen. Nie wieder darf das Menschen angetan werden. Und nie wieder Krieg. Nie wieder.
Das palästinensische Volk besteht aus Menschen, und sie erfahren tagtäglich Krieg, Unterdrückung, Ausgrenzung, Benachteiligung – mit oder ohne Annexion – durch israelisches Militär, durch israelische Gesetze, durch Israels Regierung, durch große Teile der israelischen Gesellschaft . Das muss ein Ende haben.

So oder so ähnlich sage, singe und schreibe ich das seit über anderthalb Jahrzehnten. Einige andere tun das auch, und wir ernten dafür Spott, Kritik, Ausgrenzung, wir werden dafür beleidigt, diffamiert und bedroht. Vieles hat sich in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren geändert, vor allem hat sich die Situation für die Palästinenser dramatisch verschlechtert, während es sich in Israel recht gemütlich leben lässt, allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz. Wer es nicht glaubt, soll demnächst mal hinfahren und sich selbst überzeugen (sobald man uns wieder reisen lässt). Oft denke ich: Es ist doch alles gesagt, geschrieben, gefilmt, dokumentiert. Es gibt doch kaum etwas Neues zu berichten, und sobald berichtet wird, kommt der übliche Antisemitismus-Vorwurf, der lediglich als durchschaubares Mittel dient, um vom Wesentlichen abzulenken. Der bekannte Historiker und Antisemitismusforscher Wolfgang Benz sieht das ähnlich, wie er hier im Deutschlandfunk sagt.

Ich kann Euch gar nicht sagen, wie sehr mich diese Antisemitismus-Debatte langweilt. Und ermüdet. Und traurig macht. Weil nicht nur vom wesentlichen politischen Fehlverhalten des Staates Israel abgelenkt wird, sondern auch vom wirklichen, dem erstarkenden, dem wirklich gefährlichen Antisemitismus. Dieser kommt immer von rechten, rassistischen, menschenverachtenden, dummen Personen – ganz gleich ob sie ‚gebildet‘ sind oder nicht.
Das ist schändlich für Deutschland und schädlich für uns alle, die wir hier leben. Wer sich der deutschen Verantwortung Israel und der Welt gegenüber bewusst ist, sollte sich dafür einsetzen, dass die Palästinenser endlich nicht mehr für das bluten müssen, was Deutschland und Europa den Juden angetan hat.

Darum werde ich weiterhin schreiben und in Zukunft noch mehr ausgewählte Artikel und Kommentare posten. Es ist wirklich schon viel im Äther, man muss es nur finden, die Quelle überprüfen, kritisch lesen und mit den eigenen Erfahrungen abgleichen. Und weiter verbreiten. Und spätestens beim Verbreiten bist DU gefragt.

VERANSTALTUNGEN

Leider kann ich immer noch keine neuen Veranstaltungen hier ankündigen. Seit dem Lockdown gab es genau ein Konzert (1!) mit unserem ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH und Lili als Gast, vor ausverkauftem Haus im Kloster Seeon. „Ausverkauft“ sah dann so aus:

Dennoch, es war ganz wunderbar, wieder einmal Live-Musik zu machen vor echten lebendigen Menschen! Das Konzert war das Vorprogramm zum Film FRAU STERN, zu dem wir unsere Musik beitragen durften und in dem meine Mutter mit 81 Jahren ihre erste und letzte Hauptrolle spielte; drei Wochen nach der Filmpremiere starb sie. Ihr Lieblingslied Summertime spielt in dem Film eine Rolle, und bei diesem Konzert in Kloster Seeon hat ihre Enkelin, meine Tochter Lili, es gesungen. Hier ein Live-Mitschnitt davon.

Habt noch einen schönen Sommer!

LESE-EMPFEHLUNG:
Peter Beinart, jüdisch-amerikanischer Autor. Hier eine Auswahl, besonders empfehle ich Yavne.

Was kann schon ein Einzelner Mensch bewirken?

Nichts. Oder viel.
Ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Oder: Steter Tropfen höhlt den Stein.
Beides stimmt.

Diese Avaaz-Petition zeigt es. Nach wenigen Tagen haben schon über 1 Million Einzelne das hier unterschrieben:

Avaaz kann man mögen oder nicht — Fakt ist, dass Avaaz folgendes richtig beschreibt und über eine Million Menschen dazu bewegt mitzugehen:

In sechs Tagen will der israelische Premierminister sein Land um einen Großteil Palästinas vergrößern.
Palästina ist ein von den Vereinten Nationen anerkannter Staat. Doch die israelische Regierung plant die Einverleibung des besetzten Westjordanlandes in den Staat Israel.
Fast alle sind dagegen. Aber die Frage ist, ob jemand etwas dagegen unternehmen wird. Europa und andere Staaten haben genug Einfluss, um Israel zum Umdenken zu bewegen. Dazu müssen sie aber erst einen massiven Aufschrei von ihren Bürger/innen hören. Tun wir genau das.

Bitte unterschreibe auch Du HIER! Danke.

Du kannst auch an Politiker*innen oder an Deine Zeitung schreiben — die SZ z.B. hat Leserbriefe abgedruckt, die eine einhellige Meinung zur Annexion spiegeln, und titelt dazu:

Ob der drohenden Annexion von Teilen des Westjordanlandes zeigen sich Leser unzufrieden mit der Bundesregierung: Das Vorgehen Israels sei vergleichbar mit dem Russlands in der Krim und müsse daher sanktioniert werden, so der Tenor.

Wer mehr Informationen zu dem Themenkomplex haben möchte, findet hier Unterschiedliches:

Rolf Verleger: Was hat Israel mit Kolonialismus zu tun?
mit vielen interessanten historischen Hintergründen

Stephan Detjen in der FAZ: Es bestehen rechtliche Zweifel an der Antisemitismus-Strategie der Bundesregierung.

Ich freue mich auf ein Wiedersehen, entweder bei meinem Workshop Bühnenpräsenz und Wahrnehmung im Freien MusikZentrum München (Anmeldung bis Dienstag noch möglich) oder bei unserem ersten post-Corona-Konzert am 18. Juli um 20 Uhr im Kloster Seeon
LIVE – Open Air – gefolgt vom Film FRAU STERN
Kartenreservierung erforderlich unter 08624/897 201 oder unter [email protected]
Alle weiteren Infos HIER.

Bitte, werde aktiv! Das Mindeste, was Du tun kannst, ist die Avaaz-Petition mit einem Klick zu unterschreiben, das dauert keine halbe Minute. Danke — und wozu auch immer Du Dich entscheidest, sage später nicht, Du hättest nichts gewusst.

Sagt nicht, Ihr hättet nichts gewusst!

In meinem letzten Newsletter hatte ich mein Interview in der ZDF-Sendung ‚Aspekte‘ angekündigt. Ich ging davon aus, dass von den gut zwei Stunden Drehzeit vielleicht anderthalb oder zwei Minuten übrig bleiben würden. Darum hatte ich meine Antworten auf die wirklich guten Fragen der Redakteurin wohlüberlegt formuliert. Leider hat die Redaktion sich für die harmloseste meiner Aussagen entschieden, meine Sendezeit (mit O-Ton) belief sich auf gefühlte 15 Sekunden. Dabei hätte ich noch so viel mehr zu sagen zum Thema Israel, Palästina, Besatzung, Völkerrecht, Deutschlands Nahost-Politik… und nun auch Annexion. Und das tue ich nun hier. Zuvor aber noch die gute Nachricht: Am 18. Juli findet zum ersten Mal wieder ein Konzert mit dem ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH statt! Wir bieten in Kloster Seeon die musikalische Einstimmung zum Spielfilm FRAU STERN, bei dem meine Mutter als 80-Jährige debütierte.

Samstag, 18. Juli 2020, 20 Uhr
Halbinsel Kloster Seeon
NIRIT & ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH
spielen Filmmusik und mehr
ab ca. 21 Uhr: Filmvorführung
FRAU STERN
Da nur ein verringertes Platzkontingent zur Verfügung steht, bitten die Veranstalter um Reservierung unter 08624/897 201 oder unter [email protected] unter Angabe von Name, Adresse und Telefonnummer aller Personen, sofern sie nicht einem Haushalt angehören. Es können nur personalisierte Tickets abgegeben werden.
Alle weiteren Infos HIER.

Wir freuen uns SEHR auf ein leibhaftiges Wiedersehen! Und bitte nicht übersehen: Unten nach dem Bild geht’s noch weiter.

Sagt nicht, Ihr hättet nichts gewusst!

Alle Welt weiß, dass die israelische Regierung die Annexion großer Teile des palästinensischen Westjordanlandes plant. Dieser Plan soll in wenigen Wochen umgesetzt werden.

Jeder Mensch weiß: Diese Annexion verstößt gegen geltendes Völkerrecht.

Wer informiert ist, weiß: Die Annexion dient lediglich der ‘Legitimation’ der faktischen Besetzung und Beherrschung des Landes, das ein palästinensischer Staat hätte werden können. Die 53-jährige Besatzung, in Israel ‘temporärer militärischer Zustand’ genannt, soll als Ein-Staat-Lösung mit unterschiedlichen Rechten für Juden und Palästinenser legitimiert werden. 

Wer zuhört, weiß: Netanyahu verspricht, es wird keinen palästinensischen Staat und keine Bürgerrechte für Palästinenser*innen geben. Abbas sagt: An den Vereinbarungen von Oslo festhalten, mit dem Zugeständnis, Palästina zu entmilitarisieren. Aber was immer Abbas jemals angeboten oder vorgeschlagen hat, es bleibt ungehört und bedeutungslos.

Wer die Lage vor Ort kennt, weiß: Palästinenser*innen sind tagtäglich in allen Bereichen ihres Lebens extrem eingeschränkt, entrechtet, oft in Lebensgefahr. Leicht vorstellbar, wie es ihnen ergehen wird, wenn sie noch weiter zurückgedrängt werden. Kaum vorstellbar, welche Folgen das haben wird – nicht nur in Palästina, Israel und im Nahen Osten, sondern womöglich als Flächenbrand, der bis nach Europa reicht.

Wer die Geschichte kennt, weiß: Geredet wird permanent, sowohl zwischen Israelis und Palästinensern als auch in der internationalen Gemeinschaft – geschehen tut nichts (Gutes). Die palästinensische Administration arbeitet gezwungenermaßen eng mit Israel zusammen, ist von Israel abhängig, hat aber de facto nichts zu bestimmen. Ändern tut sich nichts – außer dass täglich mehr palästinensisches Land gestohlen wird und die Lebensumstände der Palästinenser*innen sich kontinuierlich verschlechtern. Die Aussichten auf einen eigenen Staat, der völkerrechtlich vorgesehen ist, schwindet zusehends.

Das alles weiß die deutsche Regierung. Doch bis auf Bekundungen von ‘Besorgnis’, bestenfalls ‘Unmut’, bleiben alle Reaktionen ohne Folgen. Doch Deutschland muss jetzt handeln! 

Ermutigend kann das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte EGMR wirken, das feststellt: der Aufruf zu Boykott von Produkten aus den sogenannten ‚Siedlungen‘ ist weder Hetze noch Hass und vor allem kein antisemitischer Akt. Es ist ein Ausdruck freier Meinungsäußerung und in einer Demokratie erwünscht. Dass Waren und Produkte aus diesen „unter Verstoß gegen die Regeln des humanitären Völkerrechts“ entstandenen Siedlungen gesondert gekennzeichnet werden müssen, hat der Europäische Gerichtshof EuGH schon vor Jahren festgestellt.

Wenn die Haltung der deutschen Regierung zur geplanten Annexion folgenlos bleibt, muss sie sich fragen lassen: Unterstützt Deutschland einen Staat, der ethnische Unterschiede macht und doppelte Standards auf seine Einwohner anwendet – je nachdem, ob sie jüdisch sind oder nicht? Warum treibt Deutschland mit solch einem Staat Handel, akademischen, wissenschaftlichen und kulturellen Austausch? Wie weit muss israelische Politik gehen, wie viele Palästinenser*innen müssen vertrieben, inhaftiert, verletzt, getötet werden, bis Deutschland einlenkt? Wie laut müssen wir Jüdinnen und Juden in Deutschland noch werden, damit Ihr uns hört?

Wie lange es auch immer dauern mag: Sagt nicht, Ihr hättet nichts gewusst!

Bitte unterstütze die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.!

Verschiedene Aspekte…

… sind die Grundvoraussetzung für differenziertes Denken und Handeln. Erst wenn es gelingt, die Dinge von unterschiedlichen Perspektiven aus zu betrachten, können Denkmuster sich verändern, können verhärtete Fronten aufweichen, kann Festgefahrenes sich bewegen. So erhoffe ich mir, dass auch die aspekte-Sendung im ZDF am kommenden Freitag, den 22. Mai um 23 Uhr etwas beitragen kann zur Weiterentwicklung der unseligen Diskussion um vermeintlichen Antisemitismus bei Kritikern der israelischen Besatzungspolitik, unter anderem mit einem Interview-Beitrag von mir.

https://hinter-den-schlagzeilen.de/lieber-respekt-als-angstEinen Text-Beitrag zum Thema Angst und wie wir damit umgehen können habe ich als Gastautorin in diesem Mandala-Blog geschrieben (hier die Version auf Englisch und hier die Langversion auf hinter-den-schlagzeilen.de). Über Kommentare und Feedback freue ich mich — bitte auf der Website in der Kommentar-Funktion.

LILI SINGT LIVE!
Ganz besonders freue ich mich ankündigen zu können, dass meine Tochter Lili ab Donnerstag, den 21. Mai wöchentlich um 19 Uhr ein Kurzkonzert geben wird! Live aus ihrem Wohnzimmer gibt es Musik mit Motto und einem Drink: SONGS ON THE ROCKS. Dieser Link funktioniert auch, wenn Du keinen eigenen Facebook-Account hast!

Auch wer keinen Facebook-Account hat, kann durch diesen Link am Konzert teilnehmen
Auch wer keinen Facebook-Account hat, kann durch diesen Link am Konzert teilnehmen

Zum Schneiden weiterer Koch-Videos bin ich noch nicht gekommen, aber ich mache mich dran, versprochen! Gekocht, gebacken und gedreht hab ich schon jede Menge… Danke für die vielen schönen Feedbacks zu meinen kleinen Koch-Kanal-Exkursionen.

Auf bald, im virtuellen Raum, oder in geistig-seelischer Verbindung, oder vielleicht mal zufällig unter freiem Himmel, im Wald oder am See…

Herzlichst,

sprechen und spalten oder lieber SCHWEIGEN?

Der Wunsch nach einem dritten Weg

Ich rede ja gerne, aber momentan fällt es mir schwer. Es wird so viel geredet, erklärt, behauptet, mit Zahlen um sich geworfen. Alle sind Experten geworden für irgendwas — aber ich kann da nicht mitreden. Ich will auch gar nicht. Bei meinen zaghaften Versuchen, entweder mit Humor zu all den Verordnungen oder mit einer gewissen Skepsis gegenüber Impfungen eine Diskussion anzustoßen, bin ich auf etwas gestoßen, das ich bisher nur aus der Israel-Palästina-Debatte kenne: Extreme Polarisierung. Entweder Du bist für oder Du bist gegen uns. Wenn Du für die Palästinenser bist, hasst Du Israel, bist sogar Antisemit; Du spielst den Feinden in die Hände, Du bist Verräter. Etwas anderes ist nicht vorstellbar.
Es braucht immer einen langen Prozess, bis Leute, die sich für Freunde Israels halten, in einem Gespräch — wenn sie sich denn überhaupt darauf einlassen — beginnen zu begreifen, dass Du nicht gegen Israel bist, wenn Du für die Rechte der Palästinenser eintrittst (Verzeihung, Freund*innen, dass ich heute die männliche Form wähle — es flutscht besser auf der Tastatur, auch wenn ich jedes Mal „*innen“ denke. Aber halt, stopp: Auch dieser Gedanke lässt mich stocken: Darf ich heute noch ungestraft die männliche Form wählen? Bin ich jetzt Antifeministin? Unbewusst? Gleichgültig gegenüber den Errungenschaften der Emanzipation? Oder soll ich jetzt einfach mal nicht so ’nen Aufstand machen und herrgottnochmal die Gender-korrekte Form wählen? Aber wie genau ist die?! Du merkst: Es ist kompliziert).

In der Israel-Palästina-Debatte werden immer wieder Argumente wie Geschütze aufgefahren, die darauf zielen, Dich zu diskreditieren. Kommen diese Argumente von Institutionen und Amtsträgern, kannst Du davon ausgehen, dass Du mundtot gemacht werden sollst (hierzu gäbe es viel zu sagen — dazu ein andermal an anderer Stelle, oder hier). Kommen die Argumente jedoch in persönlichen Gesprächen ist es interessant zu beobachten, wie es Leuten leichter fällt, unsereins in eine Schmuddelecke zu stecken anstatt sich damit auseinander zu setzen, dass die Dinge komplexer sind als nur „dafür“ und „dagegen“, dass es viel, viel mehr gibt dazwischen. Sind es nicht die leisen Zwischentöne, die in der menschlichen Kommunikation die wesentliche Rolle spielen, die Komplexität erfahrbar machen? Diese kleinen feinen Klänge vermisse ich nicht nur im Kontext Israel/Palästina, ich vermisse sie mehr als alles andere in unserer aktuellen Welt der vergangenen Wochen. Ich leide nicht so sehr unter der Trennung von geliebten Menschen — Trennungen und große zeitliche und örtliche Entfernungen musste ich von klein auf ertragen lernen. Ich leide viel mehr unter der Polarisierung und der mit ihr einhergehenden Spaltung in gut und böse, richtig und falsch, „geht gar nicht“ und „muss unbedingt sein“. Jene zeitlich-örtliche Distanz ist eine physische und kann überwunden werden; sie ist kein social, sie ist physical distance. Die in diesen Wochen erlebte Distanz hingegen wird zunehmend unüberwindbar, sie spaltet uns, sie treibt uns voneinander weg wie Sterne nach einem kosmischen Knall, die in alle Ewigkeit auseinander driften, nur weil unsere Meinungen ideologisch eingetütet werden in „rechts“ oder „links“, „Regierungskonformist“ oder „Verschwörungstheoretiker“, „Realist“ oder „Esoteriker“.
Ich frage mich, wo unsere Debattenkultur hin ist, wo der wissenschaftliche, aber vor allem wo der gesellschaftliche Diskurs geblieben ist?! Ein Diskurs, in dem unterschiedliche Meinungen fundiert dargelegt, von allen Seiten betrachtet, immer wieder neu geordnet, gerne emotional, aber auch sachlich geführt und meinetwegen auch beurteilt werden dürfen, ohne dass die Menschen dahinter gleich verurteilt werden! Ich bin mir durchaus bewusst, dass wir inmitten einer adaptiven Herausforderung stehen, für die es keine bekannten technischen Lösungen gibt. Umso mehr erschüttert mich die Absolutheit, mit der argumentiert und geurteilt wird, als wäre alles andere — egal auf welcher Seite — alternativlos.

Immer wieder höre ich Sätze wie „Ich traue mich kaum, es zu sagen, aber…“ oder „Man muss echt aufpassen, was man sagt“. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich selbst schon bei solchen oder ähnlichen Sätzen ertappt. Ich weigere mich jedoch zu denken, dass wir unsere Meinung hierzulande nicht äußern dürfen. Und noch kann ich mühelos den Beweis antreten, dass ich das kann. Etwa so:

Israels Besatzungspolitik ist völkerrechtswidrig.
Der israelische Staat verletzt die Menschenrechte der Palästinenser seit Jahrzehnten.
In Israel herrscht eine de facto Apartheidpolitik (laut UN-Definition).
Zwischen Mittelmeer und Jordan gibt es de facto nur eine Regierungsmacht: Für Juden gestaltet sie sich demokratisch, für Palästinenser als Militärdiktatur.

Der Staat Israel spricht mitnichten für alle Juden der Welt.

All das und noch viel mehr kann ich hier sagen. Und doch: Werden Versuche unternommen, kritische Meinungsäußerungen z.B. in Bezug auf Israel und Palästina zu verhindern? Und ob! Bekomme ich dadurch Probleme? Oh ja, und wie! Aber dennoch, ich kann hier in aller www-Öffentlichkeit oder zuhause oder bei Freunden oder bei öffentlichen Veranstaltungen all das sagen und schreiben. Erst wenn diese Zeilen gelöscht werden von einer staatlichen Aufsichtsbehörde, werde ich von einer Meinungsdiktatur, von faschistoiden Regime-Strukturen sprechen. Täte ich das jetzt, würde ich allen Opfern von Diktaturen und Opfern von Faschismus nicht gerecht werden. Ebenso wie man den Opfern des Antisemitismus nicht gerecht wird, besonders den Opfern des Holocaust posthum schreiendes Unrecht geschehen lässt, wenn Kritiker des Staates Israel als Antisemiten diffamiert werden, wie aktuell im Falle von Prof. Achille Mbembe geschehen (lies dazu unbedingt den Aufruf jüdischer Wissenschaftler und Künstler, den offenen Brief der Jüdischen Stimme oder am besten Achille Mbembe selbst).

Erkenne ich jetzt schon Gefahren für unsere Demokratie, etwa durch extreme Kontrollmechanismen, die wir uns kaum auszudenken wagen und die vielleicht dadurch, dass wir verängstigt sind, viel schneller greifen? Oh ja, keine Frage. Können, dürfen wir das alles diskutieren und unterschiedliche Meinungen dazu stehen lassen, ohne Zynismus, Abwertung, Ausgrenzung, Diffamierung? Das würde ich mir wünschen, würde mir meine Meinung bilden und auch ändern wollen, auch darüber scherzen dürfen, ohne gleich befürchten zu müssen, in irgend eine Schublade gesteckt zu werden. Hinter der extremen Polarisierung, die es schon lange gibt und die in den vergangenen Wochen exponentiell gestiegen ist wie manch andere Kurve, verspüre ich vor allem eines: Angst. Angst ist eine nahezu unbezwingbare Kraft, die lähmen oder aggressiv machen kann. Ich kenne keine zuverlässige Methode, sie endgültig loszuwerden, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass auch die Angst einen Feind hat, vor dem sie sich fürchtet. Es ist der menschliche Wille, die menschliche Entscheidungsfähigkeit. Jedem Menschen wohnt sie inne; jedes menschliche Wesen hat die Fähigkeit, mit Willensstärke diese eine Entscheidung zu treffen:
Von Dir, Angst, lasse ich mich nicht beherrschen! Verschwinde aus meinem Leben!
Es hilft, das oft zu wiederholen, am besten laut. Es eröffnen sich völlig neue Perspektiven von Welt, vom Leben selbst, wenn nicht Angst, sondern der freie Wille die Oberhand über das eigene Denken und Handeln gewinnt.

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Nun zu meinen Empfehlungen diese Woche:
Ich bin eine große Vertreterin dessen, dass man am besten am Originalschauplatz mit eigenen Augen sieht und mit eigenen Ohren hört, bevor man sich eine Meinung bildet. Darum bin ich seit Jahren mit Menschen in Israel und Palästina unterwegs, lasse sie selbst sehen und mit Menschen vor Ort sprechen. Dabei werde ich von meinem Freund Yahav begleitet, einem zertifizierten israelischen Reiseleiter (der Beste!), der endlich ein erstes Video gemacht hat zu Jaffa:


Da zur Zeit das Reisen nicht so gut möglich ist, bietet das Münchner DOKFilmfestival in diesem Jahr die großartige Chance, mit 121 Filmen von zuhause aus ganz Deutschland in die Welt zu gucken.

HIER findest Du das gesamte Programm, das heute beginnt und online abrufbar ist. Aus meiner Sicht spannend: DOK.focus lasting memories beschäftigt sich mit Zeitzeug*innen des Nationalsozialismus und dem Umgang der nachfolgenden Generationen mit deren Vermächtnis. Bestimmt auch sehenswert: KOSHER BEACH aus Israel; IBRAHIM: A FATE TO DEFINE aus Palästina; und drei Filme aus dem Iran SUNLESS SHADOWS, THE UNSEEN und COPPER NOTES OF A DREAM (stimmt, ich habe eine Vorliebe für #Mittlerer und Naher Osten!).

Informationen zum Vorverkauf, den Tickets, Zahlungsmöglichkeiten und technischen Details findest Du hier.

Ich wünsche gute Unterhaltung und empfehle tiefes, lächelndes, angstbefreiendes Durchatmen!

Herzlichst,

Inspiration

Heute Abend findet virtuell, versteht sich eine gemeinsame Israelisch-Palästinensische Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die Opfer beider Seiten statt. Sie wird zum 15. Mal von den Combatants for Peace und dem Parents Circle – Families Forum organisiert. Die Combatants for Peace Kämpfer*innen für den Frieden sind ehemalige israelische Soldat*innen und ehemalige palästinensische Kämpfer*innen, die der Gewalt abgeschworen haben und für ein Miteinander einstehen; der Parents Circle sind palästinensische und israelische Eltern und Familienmitglieder, die ihre Liebsten durch Gewalt der jeweils anderen Seite verloren haben.

Heute Abend gedenken sie gemeinsam, und wir alle können dabei sein.

Was 2005 als kleine Zeremonie von 50 Menschen begann, ist jetzt die zweitgrößte Gedenkveranstaltung in Israel. 10.000 Menschen nahmen im letzten Jahr an der Veranstaltung in Tel Aviv teil, über 50.000 waren via Live-Stream dabei.

Wegen der Corona-Quarantäne wird die Zeremonie vor Ort ohne physisch anwesendes Publikum stattfinden, dafür aber live übertragen. Die amerikanischen Friends of Combatants for Peace haben dazu diesen Link bereitgestellt. Die Teilnahme ist kostenlos und Du bist herzlich eingeladen!

UN-Nahost-Beauftragter Mladenov sagt zu der Veranstaltung: „Ihr seid eine Quelle der Inspiration für uns alle“. Hier dazu der Haaretz-Artikel.

Wenn Du nicht nur Geist und Seele, sondern auch Gaumen und Körper inspirieren möchtest: Hier ist mein neuestes Koch-Video: Spinat mit Käse in Blätterteig, bei uns Dusayuno genannt. Willkommen in meiner Küche! Ich freue mich über Kommentare.

Hmmm…

… was soll ich sagen? Ich dachte, ich hätte gar nichts zu sagen, ich poste nur meine Rezepte, meine Kochvideos und mache einfach nur, was mir Spaß macht: Belanglose Lebensnotwendigkeiten. Also Quatsch mit Soße. Aber mit leckerer Soße. Schmecken muss es, das ist das Wichtigste. Also das machen wir auf jeden Fall: Ich koche und lade Dich herzlich dazu ein, mir in meiner Küche dabei Gesellschaft zu leisten! Virtuell, aber live und in Echtzeit, durchs World Wide Web verbunden, aber doch kontaktlos (was wohl das Unwort des Jahres 2020 werden wird?). Es wird lecker, versprochen, und manchmal auch lustig! Mmmhhh…

Mein neuestes Koch-Video ist schon online, ein indisches Linsengericht – Dhal mit Reis, Ghee und Pfefferminz-Chutney. Bitte sehr, dauert nur siebeneinhalb Minuten zum Gucken und etwa 40 Minuten zum Nachmachen:

https://vimeo.com/407105592
Wenn’s Dir gefällt, klicke bitte auf das Herz oder lass einen Kommentar da und verschicke den Link an Freunde.

Am morgigen Samstag, den 18. April um 18 Uhr können wir wieder gemeinsam kochen — Du in Deiner und ich in meiner Küche, aber trotzdem zusammen in Echt-Zeit. Diesmal gibt es Lauch-Küchlein in Zitronensauce mit Rosinen-Reis und Karotten-Oliven-Salat. Hier findest Du die Zutatenliste, hier ist der Link zum Live-Stream auf meinem YouTube-Kanal.

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Nun finde ich aber doch noch einiges andere erwähnenswert, zum Beispiel dies: Durch die Münchner Musikerin/ Radiomoderatorin/ Filmerin Michaila Kühnemann (lies ihren Newsletter — auch so eine, die durch die Krise endlich Zeit hat, all ihre kreativen Ideen zu verwirklichen) bin ich auf diese Initiative gestoßen, die ich richtig gut finde und die Unterstützung verdient:

Mit helfer-in-der-krise.de können wir Menschen in unserer Nähe unter die Arme greifen — das gefällt mir, so lokal zu agieren. Gleichzeitig gibt es aber auch andere Menschen, die schon unter ’normalen‘ Bedingungen komplett unterprivilegiert sind und vergessen werden, zum Beispiel Kinder in griechischen Flüchtlingslagern (Deutschland kann nicht 50 — F-Ü-N-F-Z-I-G!!! — Kinder aufnehmen, dafür aber zehntausende Spargel-Ernte-Helfer!!! Mannomann!! Die Würde des Spargel ist unantastbar… ). Oder Menschen unter Besatzung. Corona-Krise bedeutet für Menschen in Palästina eine wesentlich härtere Realität als wir sie hier erleben. Sie sind deutlich mehr Siedlergewalt ausgesetzt, ihre Vertreibung und die Annexion der Besetzten Palästinensischen Gebiete wird im Schatten der Krise hemmungslos vorangetrieben (hier zwei Artikel dazu in der Jungen Welt). Ganz zu schweigen von den Menschen in Gaza; dort ist die medizinische Versorgung schon unter ’normalen‘ Bedingungen eine Katastrophe. Daher hier ein Video mit Spendenaufruf eines Arztes direkt aus Gaza.

Und weil wir schon beim Thema sind: Im aktuellen BIP-Blog wird plausibel erklärt, wie das israelische ‚Ministerium für Strategische Angelegenheiten‘ darum bemüht ist, Menschen zum Schweigen zu bringen, wenn sie sich gegen Israels Besatzungspolitik aussprechen — auch in Deutschland. Ich sage dazu heute mal… richtig! Nichts.

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So, jetzt hab ich aber genug gesagt. Ich wollte ja eigentlich nichts sagen, schon gar nichts, was die Laune verdirbt. Auch wenn ich mir jetzt widerspreche: Lies nicht alles, was Dir zugeschickt wird. Reduziere Deinen Medienkonsum. Ein gutes Buch, Musik, die Du liebst, Bewegung an der frischen Luft, tiefe Gespräche und Kontakte (mit und ohne Berührung) und alles, was uns und andere gerade stärkt, wach, fit und fröhlich macht, scheint mir momentan wichtiger als alles andere. High Spirits!

Herzlichst,

Apropos: Im Widerspruch liegt bekanntlich die wirkliche Wahrheit 😉

  1. Im Prinzip dürfen Sie das Haus nicht verlassen, aber wenn Sie es müssen, dann können Sie.
  2. Masken sind nutzlos, aber vielleicht müssen Sie eine tragen; sie kann Sie retten, vielleicht ist sie nutzlos, vielleicht aber auch obligatorisch.
  3. Die Läden sind geschlossen, mit Ausnahme derjenigen, die geöffnet sind.
  4. Sie sollten nicht in Krankenhäuser gehen, es sei denn, Sie müssen dorthin gehen.
  5. Dieses Virus ist tödlich, aber nicht für die Mehrheit, da ist es mild.
  6. Auf Kinder hat es eher keine Auswirkungen, außer auf diejenigen, auf die es sich ­­­­auswirkt.
  7. Handschuhe werden nicht helfen, aber sie können trotzdem helfen.
  8. Jeder muss ZUHAUSE bleiben, aber es ist wichtig, RAUSZUGEHEN.
  9. Es gibt keinen Mangel, aber es gibt viele Dinge, die fehlen.
  10. Tiere sind nicht betroffen, aber es gibt immer noch eine Katze, die im Februar in Belgien positiv getestet wurde, als noch niemand getestet wurde, plus ein paar Tiger im Zoo in New York.
  11. Sie werden viele Symptome haben, wenn Sie krank sind, aber Sie können auch ohne Symptome krank werden…
  12. Man darf nicht mehr in Altersheime gehen, aber man muss sich um die Alten kümmern …
  13. Wenn Sie krank sind, können Sie nicht raus gehen, außer zur Apotheke.
  14. Sie können sich Restaurant-Essen ins Haus liefern lassen, das möglicherweise von Personen zubereitet wurde, die keine Masken oder Handschuhe trugen.
  15. Sie können mit einem Freund herumlaufen, aber nicht mit Ihrer Familie, wenn diese nicht unter demselben Dach lebt.
  16. Das Virus bleibt auf verschiedenen Oberflächen zwei Stunden lang aktiv, nein, vier, nein, sechs, nein, wir haben nicht Stunden gesagt, vielleicht Tage? Aber es braucht eine feuchte Umgebung. Oh nein, eigentlich nicht unbedingt.
  17. Das Virus bleibt in der Luft – nun nein, oder ja, vielleicht, vor allem in einem geschlossenen Raum, in einer Stunde kann eine kranke Person zehn anstecken, wenn es also dumm fällt, sind alle unsere Kinder bereits in der Schule infiziert worden, bevor sie geschlossen wurde.
  18. Die Corona-Toten sind an dem Virus oder mit dem Virus gestorben.
  19. Der Test weist das Virus nach, nein es weist Moleküle in Zusammenhang mit dem Virus nach und schlägt mal falsch positiv und auch mal falsch negativ aus.
  20. Wir haben keine Behandlung, außer dass es vielleicht eine gibt, die anscheinend nicht gefährlich ist, es sei denn, man nimmt zu viel davon ein.
  21. Wir sollten so lange eingesperrt bleiben, bis das Virus verschwindet, aber es wird nur verschwinden, wenn wir eine kollektive Immunität erreichen, also wenn es alle mal hatten… dafür müssten wir raus, aber jetzt noch nicht.
  22. Wir müssen die Kurve flach halten, und damit die Krankenhäuser weiter so leer bleiben, muss sie ein halbes Jahr, nein ein Jahr, ach was, bis zu 2 Jahre flach gehalten bleiben…
  23. Die Wirtschaft verkraftet das… nicht… oder doch… wir retten die Kleinen, nein die Großen, wir sammeln Corona-Soli, nein Corona-Bonds, von den reichen Armen und geben es den armen Reichen.

Seelen- und andere Nahrung

Wir lesen und sehen derzeit enorm viele Informationen, von denen die meisten hervorragend geeignet sind, uns zu verunsichern, zu verwirren und vor allem: uns zu ängstigen. Angst ist jedoch aus meiner Sicht der schlechteste Ratgeber, wenn es darum geht, heil aus einer Krise herauszukommen. Und dass wir in einer Krise stecken, einer globalen Krise von noch nie da gewesenem Ausmaß, daran ist nicht mehr zu zweifeln. Einige hat die Virusinfektion direkt in eine persönliche Gesundheitskrise geworfen – sei es durch eigene Infektion oder durch die eines Angehörigen; viele sind in eine ökonomische, soziale, psychische und damit Angstkrise geraten; und wir alle erleben die größte Demokratie-Krise, die es nach 1945 zumindest in der sogenannten Westlichen Welt gegeben hat. Wird die Welt je wieder so sein, wie wir sie kannten? Auch die Meldungen, die wir hierzu lesen, hören und sehen, sind selten ermutigend.

Dennoch müssen wir uns mit alledem auseinandersetzen, sowohl kritisch als auch emphatisch. Kritisch, weil ein wacher, aufgeklärter Geist in alle Richtungen aufmerksam sein muss, sämtliche Nachrichten hinterfragen und grundsätzlich nach dem „cui bono? wem nützt das?“ forschen sollte; emphatisch, weil viele, viele Menschen seit einigen Wochen eine extrem schwere Zeit durchmachen. Zum einen sind da die am C-Virus Erkrankten; aber ich meine auch all diejenigen, die in diesen Tagen vollkommen aus dem Rampenlicht der Medien verdrängt wurden oder überhaupt nur selten darin vorkamen: Hungernde, Verfolgte, Eingesperrte, Ausgebeutete, Geflüchtete und Flüchtende, unter Armut leidende – vor allem Alte und Kranke; Obdachlose, Menschen mit Behinderungen, Diffamierte, Ausgeschlossene. Sie alle verdienen zumindest unsere Empathie, aber eigentlich mehr, auf jeden Fall unsere Solidarität. Vielleicht ist diese Krise eine Chance, über nationale Grenzen hinweg zu denken und zu planen und ihnen einen neuen Platz in unserer globalen Menschheitsfamilie einzuräumen – einen Platz, der übers Einschließen ins Nachtgebet, über Almosen und Mitgefühl hinausgeht. Es ist die Stunde der eigenen Verantwortung und der Frage, welchen Weg wir als Individuen, aber auch als Nationen auf diesem Planeten wählen wollen und werden. Einen hervorragenden Aufsatz hierzu hat Yuval Noah Harari in der Financial Times vor wenigen Tagen publiziert.

Angeblich bedarf es mindestens vier guter Nachrichten, um eine negative emotional zu verkraften. Egal, ob die Zahl stimmt – auf jeden Fall entfalten negative Informationen eine enorme Kraft, das spüren wir derzeit alle. Darum will ich dem etwas entgegensetzen und hoffe, Dir mit den folgenden Links eine Stärkung mitzugeben. Wenn Du mich virtuell in meiner Küche besuchen kommst, wirst Du bestimmt Spaß haben (Freude stärkt das Immunsystem!) und bei Nachahmung auch noch was Leckeres zu Dir nehmen. Auch die anderen Links tragen hoffentlich zur Ermutigung bei.

Hier geht es zu meinen beiden Koch-Videos:
Marokkanischer Orangensalat & Fermentiertes Gemüse
und Pasta Putanesca à la Nirit

Das angekündigte Live-Kochen findet am kommenden

Samstag, den 4. April 2020 um 18 Uhr

statt und dauert etwa eine Stunde. Über diesen Link sollte der Live-Stream funktionieren. Wenn Du nicht nur zuschauen, sondern gleich mitkochen willst, dann findest Du hier die Zutatenliste, die Du vorbereiten solltest, wenn Du eine Marokkanische Kürbispfanne mit Reis und grünen Salat mit mir zusammen zubereiten möchtest.

Das nächste Rezept mit einem feinen Endiviensalat und Spinat in Blätterteig – das Lieblingsessen meiner Töchter – ist schon gedreht, wird gerade geschnitten und geht bald online.
Wenn Dir Kochen-mit-Nirit gefällt, dann bitte abonniere meinen Kanal auf Vimeo oder auf YouTube und teile, teile, teile!

Hier noch ein paar Kulturtips – was gerade eben möglich ist:
* Beim Zuhause-Festival streamen Künstler*innen live von Zuhause für Zuhause, für Dich! DANKE an Thomas Vogler und die anderen die Initiatoren!
* Unter dem Motto ‚Kunst hilft Kunst‘ gibt es ab sofort zweimal die Woche eine Stream-in-Benefizveranstaltung aus Vorarlberg
* Das Gorki-Theater streamt jeden Mittwoch für 24 Stunden aus Berlin
* Desgleichen tun die Münchner Kammerspiele jeden Abend, auch jeweils für 24 Stunden
* Die DVD des Kinofilms FRAU STERN mit meiner Mutter in der Titelrolle ist jetzt raus und kann online bestellt werden

Zwei Nachrichten aus Palästina muss ich nun doch noch loswerden: Ein Artikel über den Abriss und die Konfiszierung von Baumaterial für eine Corona-Klinik im besetzten Westjordanland auf palestinechronicle.com. Und die Geschichte von Rani Burnat aus Bil’in im Besetzten Palästinensischen Westjordanland, die einigermaßen gut ausgegangen ist.

Bis bald, virtuell in meiner Küche!