Alle Beiträge von Nirit Sommerfeld

Was wenn

Was wenn Krieg ist
uns keiner geht hin (frei nach Bertold Brecht)

Was wenn es jetzt schon zu spät
was wenn alles Vertrauen geschwunden
was wenn die letzte Chance verspielt
was wenn Angst und Schmerz regiert
was wenn Flucht uns treibt
wenn Verletzung um Verletzung
ins Gedächtnis sich schreibt
von Generationen beerbt
was wenn Hoffnungslosigkeit
Sinnlosigkeit Verzweiflung Hass
Zukunft verschlingt?

Einen Baum pflanzen.
Ein Lied singen.
Eine Berührung schenken, ein Lächeln.
Auch wenn alles zu spät

Frohe Ostern
Ramadan Kareem
Chag Pessach sameach

Herzlichst,


Das böse A-Wort

Der Vorwurf wiegt schwer: Apartheid ist den Meisten aus Südafrika bekannt und mit Trennung von Weißen und Schwarzen assoziiert. Aber der Begriff ist seit 1973 im Völkerrecht klar und allgemein definiert als „unmenschliche Handlungen, die zu dem Zweck begangen werden, die Herrschaft einer rassischen Gruppe über eine andere rassische Gruppe zu errichten und aufrechtzuerhalten und diese systematisch zu unterdrücken“. Das Völkerrecht erklärt Apartheid zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

„Unsere Erkenntnisse und unsere Kritik richten sich nicht an das Jüdische Volk, sondern an den israelischen Staat.“
Philip Luther, Chef-Berater für Forschung und Politik, Amnesty International

Der Bericht, den Amnesty International (AI) am 1. Februar 2022 unter dem Namen „Israel’s Apartheid against Palestinians: Cruel System of Domination and Crime against Humanity“ (Israels Apartheid gegen Palästinenser: Ein grausames System von Herrschaft und Verbrechen gegen die Menschlichkeit) veröffentlicht hat, ist im Original auf Englisch verfasst. Die israelische Regierung beeilte sich bereits am Tag vor der Veröffentlichung, den Report als „Israel-hassend und antisemitisch“ zu diskreditieren; deutsche Medien und Institutionen folgten ebenfalls mit dem allseits ge- und missbrauchten Antisemitismus-Vorwurf. Nirgendwo konnte ich aber bisher auch nur ein einziges konkretes Argument gegen die Erkenntnisse und gut dokumentierten Fakten der AI-Studie finden. Niemand auf Seiten der Empörten bemühte sich zu erklären, warum wohl eine der größten, ältesten, wichtigsten Menschenrechtsorganisationen, deren Studien gegen Menschenrechtsverbrechen in China, Myanmar, Iran, Ungarn, Ägypten und anderen (ungeliebten) Staaten akzeptiert und zitiert werden, auf einmal von Antisemitismus heimgesucht sein soll. Manche entblöden sich sogar wie hier in der taz, Amnesty polemisch und mit Falschbehauptungen gespickt für tot zu erklären.

Auf Deutsch kann man hier eine gute Zusammenfassung lesen, sowie hier die Reaktion der deutschen Amnesty-Sektion. Wenn Du verstehen willst, worum es Amnesty International geht, ist dieses 15-minütige Erklär-Video sehr zu empfehlen:

Antisemitismus? Apartheid!

Ich finde es wichtig, die Dinge zu kennen, über die man eine Meinung äußert, daher verlinke ich oben die Original-Quellen von AI. Das Geschrei um den vermeintlich antisemitischen Hintergrund des AI-Berichts ist, wie bereits erwähnt, groß. Nichts in dem Bericht deutet jedoch darauf hin, dass irgend etwas darin sich gegen Juden richtet, weil sie Juden sind (das wäre per definitionem antisemitisch). Im Gegenteil: Nach eigenen Aussagen richtet sich die Kritik „…nicht an das Jüdische Volk, sondern an den israelischen Staat.“ AI sprach im Rahmen der Recherchen „mit Vertretern palästinensischer, israelischer und internationaler Nichtregierungsorganisationen (NRO), einschlägiger UN-Organisationen, Juristen, Wissenschaftlern, Journalisten und anderen relevanten Akteuren. Darüber hinaus führte Amnesty International eine umfassende rechtliche Analyse der Situation durch und holte auch den Rat externer Experten für internationales Recht ein.“.

Ein echter Kenner der Situation vor Ort dürfte der ehemalige israelische Richter und Staatsanwalt Michael Benyair sein. Heute erschien sein Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau (unten als PDF). Auch er verwendet das böse A-Wort ‚Apartheid‘ für die Zustände zwischen Mittelmeer und Jordan und ruft die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. Ob auch er in den Augen all jener, die Judenhass bekämpfen wollen, ein niederzubrüllender Antisemit ist? Hierzulande kann man entweder kaum etwas lesen und hören zum AI-Bericht, oder der Report wird von A bis Z harsch zurückgewiesen: vom Auswärtigen Amt, der Bundesregierung, den Antisemitismus-Beauftragten bis hin zu Jüdische Allgemeine, Spiegel, taz, der Tagesschau und dem Zentralrat der Juden, der gar die Rückgabe des Friedensnobelpreises von Amnesty International fordert. Vermutlich folgen sie alle dem Narrativ von Israels Außenminister, demzufolge der Bericht von Lügen gespickt sei, die von Terrororganisationen verbreitet würden. Glaubt von diesen Leuten irgendjemand ernsthaft, dass Hass und Gewalt gegen Juden in Deutschland und der Welt weniger wird, wenn die Gewaltherrschaft Israels gegen die Palästinenser vertuscht wird? Wäre Israel willens, eigenes Unrecht anzuerkennen und aufzuheben, wäre ein erster Schritt in Richtung Frieden und weniger Antisemitismus in der Welt denkbar.

Worum geht es faktisch?

Im vorliegenden Bericht wird der Begriff der Apartheid im Internationalen Recht erklärt, vor allem die Unterdrückung und Herrschaft einer ethnischen Gruppe über eine andere. Dann wird die konkrete staatliche Unterdrückung und Herrschaft seitens Israels über die Palästinenser beschrieben, ebenso die unterschiedlichen Unterdrückungsstrukturen und -mechanismen, denen Palästinenser innerhalb Israels und in den Palästinensischen Besetzten Gebieten (OPT) ausgesetzt sind, sowie gegenüber palästinensischen Flüchtlingen. Weitere Punkte sind u.a. die Verweigerung des Rechts auf gleiche Staatsangehörigkeit und gleichen Status, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit als Mittel zur Kontrolle von Land und Leuten, die Trennung von Familien durch diskriminierende Gesetze, die diskriminierende Zuweisung von enteignetem palästinensischem Land für jüdische Siedlungen, Hauszerstörungen, Administrativhaft, Folter, rechtswidrige Tötungen und schwere Verletzungen — um nur einige der Punkte der Studie zu nennen. Selbstverständlich finden sich im Bericht zahlreiche Quellenangaben.

Was nun, was tun?

Viele der Erkenntnisse haben andere Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch oder B’tselem auch schon benannt; das Besondere an der AI-Studie ist die Aufforderung an die Weltgemeinschaft, dieses Unrecht nicht mehr hinzunehmen. Mal sehen, wie die Weltgemeinschaft reagiert. Und wie wir uns als Individuen dazu verhalten. Hier kannst Du die AI-Petition Apartheid zerstören, nicht Häuser unterzeichnen.

Herzlichst,

Mut und Wut

Eva Menasse, leuchtender Stern am zeitgenössischen Literatenhimmel —  sprachgewaltig, intelligent, pointiert, sachkundig, geschichtsbewusst — hat in der unseligen Antisemitismusdebatte gerade ein Erdbeben ausgelöst. „Menasse drops a bomb“, wie die Journalisten-Kollegin Emily Dische-Becker treffend twittert: Mit ihrem heute erschienenen Gastbeitrag Die Antisemitismus-Debatte ist eine fehlgeleitete, hysterische Pein (hier als PDF) in der ZEIT beweist Eva Menasse Mut, weil sie die verlogene, absichtlich fehlgeleitete Debatte um die angeblich Israel- oder selbsthassenden Kritiker (und -innen) Israelischer Siedlungspolitik kenntnisreich seziert und Ross und Reiter nennt. Ihre Wut darüber verbirgt sie nicht.

Diese teile ich mit ihr: Ich selbst war nun jahrelang von faktischen Auftrittsverboten betroffen, was auf die BDS-Beschlüsse von München und anderer Städte, schließlich auf den BDS-Beschluss des Bundestages beruhte. Zur Erinnerung: Die BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen gegen Israel), eine in Deutschland rein zahlenmäßig marginale Bewegung, die aber immerhin die Diskussion über israelische Siedlungspolitik hierzulande anzufeuern vermochte, wurde (aus meiner Sicht fälschlicherweise) als antisemitisch eingestuft und somit allein eine „Befassung“ mit ihr in öffentlichen Räumen verboten. Dies ist nun am 20.01.2022 vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig höchstrichterlich als verfassungswidrig verurteilt worden. Zu Deutsch und ganz praktisch: Es ist nicht mit unserer Verfassung vereinbar, Menschen wie mir Räume und Redefreiheit zu verweigern, weil man mir eine Nähe (!) zu BDS unterstellt. Ja, allein diese Behauptung hat in den letzten Jahren genügt, um Veranstalter davon abzubringen, mir eine Bühne zu geben. Die Frage, ob ich mich an Boykottmaßnahmen gegen Israel beteilige oder ob ich für Sanktionen werbe, ist dabei nie gestellt worden. Auch nicht die Frage, wie ich mich als Tochter eines Holocaust-Überlebenden, als Enkelin eines im KZ Ermordeten fühle, wenn man mich des Antisemitismus bezichtigt oder auch nur die Nähe dazu andeutet. Zu peinlich wäre ihre Beantwortung gewesen.

Wir gedenken in diesen Tagen der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vor 77 Jahren, sollten uns aber auch an die Wannsee-Konferenz erinnern, in der vor 80 Jahren die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“ besiegelt wurde. Die gesteuerten Denkprozesse, die Angst vor falschen Aussagen, die bereitwillige Anpassung der eigenen Meinung entgegen besseren Wissens und Gewissens und damit die Gleichschaltung aller Instanzen, die im hier verlinkten Spielfilm genauestens beobachtet werden können —  diese Mechanismen sollten uns aufhorchen lassen. Der Blick in die Vergangenheit sollte unseren Blick in die Gegenwart schärfen. Hier kann ich nur Eva Menasse zitieren: 
„Gibt es (kruden, brutalen, lebensgefährlichen) Antisemitismus? Ja, und nicht zu knapp. Er ist, wie aller Hass, dank der asozialen Medien exponentiell gewachsen. (…) Aber nicht nur der vervielfältigte Hass (der direkt zu Verbrechen wie in Kassel, Hanau, Halle führt) explodiert uns unter der Hand, sondern auch ein völlig irregegangener Moralismus aus ähnlich trüb-digitalen Quellen. (…) Beim Kampf gegen strafrechtlich relevanten Antisemitismus hingegen bringt Deutschland bisher kaum den politischen Willen auf, den Herbert Reul, Innenminister von NRW, gegen Kinderpornografie so eindrucksvoll bewies: ordentliche Polizeiarbeit, entschlossene Strafverfolgung, schnelle Prozesse.“
Stattdessen, so Eva Menasse weiter, fiel man über die Initiative Weltoffenheit her und diskreditierte damit die „wichtigsten Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen (Goethe-Institut, Haus der Kulturen der Welt, Moses-Mendelssohn-Zentrum, Wissenschaftskolleg, Zentrum für Antisemitismusforschung, Bundeskulturstiftung und viele mehr), wodurch „keine einzige antisemitische Straftat“ verhindert wurde. Es wird Zeit, dass sich das ändert.

Ändern wird sich nach dem Leipziger Urteil auch, dass Raumverbote für Menschen, die sich kritisch und konstruktiv mit einer Verbesserung der israelischen Politik (und Deutschlands Beitrag dazu) befassen wollen, so wie ich das gerne wieder in öffentlichen Räumen tun würde, der Vergangenheit angehören. 

Oder vielleicht doch nicht? Muss ich, da die populären Akteure im lauten Moralkampf gegen Antisemitismus das Leipziger Urteil „bedauern“ und für einen „Schlag gegen die Demokratie“ halten, mit erneuten juristischen Kniffen rechnen, die uns weiterhin behindern werden? Und darf ich mal nachfragen, ob ich für fünf Jahre entschädigt werde, in denen ich in München und andernorts in Deutschland faktisch von einem Rede- und Auftrittsverbot in öffentlichen Räumen betroffen war? In denen mir als Künstlerin Förderungen verweigert wurden, weil „uns die Hände [auf Grund der BDS-Beschlüsse] gebunden sind“, wie ich nicht selten zu hören bekam? Wird es dafür zumindest eine Entschuldigung geben, wird das irgend jemand bedauern, nachdem das höchste deutsche Gericht in dieser Sache festgestellt hat, dass wir im Widerspruch zum Grundgesetz, Artikel 5, unserer Meinungsfreiheit beraubt wurden? 

Ich bin gespannt. Und freue mich — nein, nicht auf ein (analoges) Wiedersehen, denn Auftritte sind aus bekannten Gründen nicht geplant — diesmal freue ich mich auf Eure (digitalen) Rückmeldungen.

Herzlichst,

Vom Glück, mit Tieren zu leben

Guten Morgen am vierten Tag des neuen Jahres 2022. Bei meinem Sylvesterspaziergang oberhalb des Lago di Lugano ließ ich das alte Jahr revue passieren, spürte die ungewöhnlich warme Wintersonne auf meinem Gesicht und den Schmerz vieler Abschiede im Herzen, die mir das alte Jahr beschert hatte.

Ich musste mich von Orten, Menschen, Gewohnheiten und Gewissheiten verabschieden (wir wir alle), von Konzerten und Reisen, die maßnahmenbedingt nicht stattfinden durften. Ich musste auch für immer Abschied nehmen von drei Tieren, die mir auf sehr unterschiedliche Weise ans Herz gewachsen waren. Im Mai hatte ich einen aus dem Nest gefallenen jungen Star aufgezogen. Ich nannte ihn Punky, fütterte ihn mit den ekligsten Insekten, ließ ihn beim Abspülen in meinen Händen baden, kurz: wir verstanden uns prächtig. Unmittelbar nachdem ich ihn freigelassen hatte, wurde er von einem Bussard geschnappt, vor meinen Augen. Seine Schreie blieben mir lange im Ohr. Im Juni starb unsere alte Hündin Bobby; immerhin hatte sie 16 gute Hundejahre mit uns verlebt, aber ihr Sturz aus dem fünften Stock — sie hatte sich durch die Gitterstäbe einer Balkontüre gezwängt — war doch ein spektakulär-dramatisches Ende.

Und schließlich Lila, mein Enkelhund, wie ich sie immer nannte. Meine Tochter Stella hatte sie 2019 aus Guatemala mitgebracht, wo sie ein Jahr mit ihr gelebt hatte, und ich durfte sie seither immer wieder hüten, wenn Stella unterwegs war. Mit Lila verbrachte ich zuletzt zwei herrliche Herbstwochen im Bayerischen Wald, wo sie geduldig neben mir lag, wenn ich schrieb; wo wir stundenlange Wanderungen machten und abends gemeinsam das Treiben der Mäuse in der alten Bauernstube beobachteten. Bei unserer Rückkehr freundete sie sich sofort mit der kleinen Katze Maeve, auch Kürbis genannt, an, die in unserer Abwesenheit hier ein neues Zuhause gefunden hatte. Als kurz darauf die Diagnose feststand — Mastzellentumor — hatte die vierjährige Lila noch eine Woche zu leben. Ich vermisse sie täglich, überall.

Stella schrieb am Tag nach Lilas Tod in ihrem Blog diesen traurig-tröstlichen Text. (Wenn Du nicht gerne Englisch liest, benutze deepl.com zum Übersetzen.)

Mir und uns allen wünsche ich für das Neue Jahr Glück und Gesundheit für uns selbst und unsere Liebsten (Tiere wie Menschen), hoffnungsfrohere Aussichten, weniger Beschränkungen und vor allem wieder mehr Offenheit, Achtsamkeit, Gelassenheit und Freundlichkeit, mehr Toleranz und Respekt gegenüber Andersdenkenden, weniger Polarisierung, viele echte Begegnungen mit echten Umarmungen und Gesprächen vis-à-vis (ja, von Angesicht zu Angesicht, auch wenn Zoom ne tolle Erfindung ist). Lasst uns achtsam sein und unsere Ängste ablegen! Was kann schon schlimmstenfalls passieren? Eben.

Herzlichst,

Fürch-te-het Eu-heu-ch niiicht!

„Fürchtet Euch nicht!“, so heißt es in einem berühmten deutschen Weihnachtslied — eine Aufforderung, die in diesen Tagen nicht hoch genug geschätzt werden kann. Auch ich würde Euch gerne ermutigen, Euch im wahrsten Sinne Mut zusprechen, Eure Furcht vertreiben in diesen schwierigen Zeiten, in denen wir alle mit Ängsten und Zweifeln ringen.

Ein Mut-Rezept habe ich nicht, auch nicht eine Anti-Furcht-Medizin; allein mit Geschichten und Musik kann ich meinen kleinen Beitrag dazu leisten, „die Dunkelheit zu vertreiben aus den Häusern und Herzen“, wie es mein Großvater Julius in unserer Jiddischen Weihnacht fordert. Wir werden, das steht nun fest, am kommenden Dienstag, den 7. Dezember um 20 Uhr dieses Programm im Münchner Prinzregententheater spielen. Wir müssen uns natürlich an die neuen Maßnahmen halten (2G plus, Maskenpflicht und maximal 25% Platzbelegung), aber wir werden unser Bestes geben, um allen Anwesenden einen wunderbaren Abend zu bereiten. Es sind uns durch die Umverteilung der Sitze noch einige Tickets zugeflossen, so dass wir Euch noch einige wenige Plätze — im ganzen Saal verteilt — anbieten können. Diese kannst Du per Mail an [email protected] bestellen.

UND: Wir werden das Konzert filmen, damit auch all jene, die nicht kommen können (und natürlich auch all jene, die die Jiddische Weihnacht sich selbst oder anderen schenken möchten), sich die Konzert-Lesung später als Stream oder DVD ansehen können. Um dieses Projekt zu verwirklichen, brauchen wir noch einige Sponsoren! Alle Infos hierzu und wie Du Dir mit dem Sponsoring sogar Tickets sichern kannst, findest Du HIER.

Hier noch ein kleiner Appetitanreger zum Mutmachen…

Zusammen mit Helmut Becker, dem ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH und unserer (sehr mutigen!) Veranstalterin Gabi Sabo von Mehr Kultur e.V. freue ich mich sehr auf unser Wiedersehen!

Herzlichst,

Wir spielen – wenn Ihr kommt!

Das Prinzregententheater verfügt über eine Belüftungsanlage, die alle 12 Minuten die gesamte Saalluft durch Frischluft austauscht. Da wir nur noch ein Viertel der Plätze besetzen dürfen, wird es viiiel Platz und viiiel Abstand im Zuschauerraum geben. Einige Karten gibt es noch, die Du Dir am besten jetzt sofort sicherst: Suche Dir im Saalplan die Kategorie aus und bestelle die gewünschte Anzahl der Tickets per Mail an [email protected]. Oder sichere Dir Karten, indem Du unser Videoprojekt sponserst! Alle Infos HIER.
Falls die Veranstaltung dennoch kurzfristig abgesagt werden sollte, bekommst Du garantiert die Eintrittskarten zurückerstattet.

Wir sehen uns — so der Corona-Gott es will und Du am besten heute noch Karten bestellst — in zwei Wochen! Wir werden da sein.

Herzlichst,

Zeit zum Stollenbacken

Heute in drei Wochen ist es soweit: Um 20 Uhr geht das Licht im Zuschauerraum aus und unsere Vorstellung Jiddische Weihnacht beginnt im Münchner Prinzregententheater. So stellen wir uns das jedenfalls vor, so erhoffen wir uns das und wir arbeiten seit langem daran, dass es auch Wirklichkeit wird.

Jiddische Weihnacht
Vom Brückenbauen und Weitermachen

Konzert-Lesung mit

NIRIT & ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH
Erzähler: Helmut Becker

Dienstag, 7. Dezember 2021, 20 Uhr
Prinzregententheater München

VVK: MünchenTicket oder
direkt beim Veranstalter (gebührenfrei) per Mail an [email protected]
*Sollte die Jiddische Weihnacht wegen COVID abgesagt oder verschoben werden, melden wir uns wegen eines Ersatztermins oder einer Erstattung des Ticketpreises.

Hier schon mal ein kleiner Appetitanreger…

Auch wenn wir die Zukunft nicht voraussagen können: Wir sind immer noch zuversichtlich, dass Veranstaltungen nicht abgesagt werden und dass mit 2G-Regelung unsere Konzert-Lesung stattfinden kann.

Du willst uns dabei helfen, die Jiddische Weihnacht Wirklichkeit werden zu lassen? Dann reserviere schnellstmöglich Tickets zu gebührenfreien Preisen per Mail an [email protected] (hier der Saalplan mit Kategorien und Preisen). Außerdem planen wir einen Live-Mitschnitt der Vorstellung, den wir ab nächstem Jahr zur Verfügung stellen wollen. Aber wir brauchen noch jede Menge Unterstützung! Daher lade ich Dich herzlich ein, unser Video-Projekt zu sponsern. Bereits ab einem Beitrag von 100 € verewigst Du Dich im Abspann und bekommst eine DVD mit viel Extra-Material. Hier kannst Du Dir Dein Lieblingspaket aussuchen.
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In der Jiddischen Weihnacht spielt mein Großvater Julius eine wichtige Rolle; er war ein emanzipierter Jude, der zu Weihnachten durchaus mal einen Weihnachtsbaum aufstellte — selbstverständlich mit Davidsternen dekoriert. Seine Frau Margarete, meine Großmutter, kochte angeblich vorzüglich, sei es Gefilten Fisch oder eine Weihnachtsgans. Legendär war Margaretes Chemnitzer Stollen, den meine Mutter ausschließlich nach den Erinnerungen Meiners Vaters nachbuk: Er beschrieb ihr minutiös, wonach es ab Anfang November der 1920er Jahre im Hause Sommerfeld am Antonplatz 15 in Chemnitz duftete, wenn Margarete Dutzende Stollen buk, sie dann wochenlang zwischen den Fensterscheiben reifen ließ, um sie in der Chanukka- und Weihnachtszeit an Freunde und Verwandte zu verschenken.

Meinen Großeltern zu Ehren habe ich vor einigen Jahren dieses Video gemacht; wenn auch Du Margaretes Stollen backen willst, findest Du hier das Rezept dazu.

Wir sehen uns in drei Wochen im Prinzregententheater!
Bis dahin eine gute Zeit,
herzlichst

9. November Schicksalstag

Der 9. November gilt als Schicksalsdatum der Deutschen: Am 9. November 1848 scheitert die Märzrevolution, in der Bauern und Arbeiter für ihre Freiheiten auf die Straßen gegangen waren. 70 Jahre später, am 9. November 1918, wird in Berlin die Republik ausgerufen und beendet damit 50 Jahre deutsche Monarchie; zwei Tage danach gilt der Erste Weltkrieg als beendet. Auf den Tag genau fünf Jahre später, am 9.11.1923, scheitert Hitlers Putschversuch in München — er hatte zusammen mit SA-Schlägern versucht, die Feldherrnhalle zu stürmen, und landet dafür in Landsberg im Gefängnis, wo er „Mein Kampf“ diktiert und nach knapp einem Jahr frühzeitig entlassen wird. Neun Jahre darauf wird er im Januar 1933 zum Reichskanzler gewählt. Weitere fünf Jahre danach brennen in Deutschland jüdische Einrichtungen, Synagogen und Geschäfte — es ist der 9. November 1938, die Reichskristallnacht. Warum ich diesen Begriff der „Reichspogromnacht“ vorziehe, habe ich in meinem Blogeintrag vor einem Jahr ausgeführt. Das jüngste deutsche Schicksal wird vom 9. November 1989 markiert, als in Berlin die Mauer fällt.

Mein Großvater Julius Sommerfeld vor seinem Tuchgeschäft in Chemnitz, um 1930

Für uns Juden ist der 9. November vor allem mit dem Jahr 1938 verknüpft. Keine Jüdin, kein Jude wurde von dem Grauen verschont, das sich vor genau 83 Jahren in allen deutschen Städten, Dörfern und Gemeinden ausbreitete; das lebt in unserem transgenerationalen Gedächtnis weiter. Mein Großvater Julius hatte damals sein Unternehmen, ein Tuchgeschäft mit Groß- und Einzelhandel in Chemnitz, bereits offiziell einem nicht-jüdischen Freund übergeben. Was genau in jener Nacht zum 9. November mit dem Geschäft geschah, kann ich nicht sagen; ich weiß aber, dass mein Großvater — wie alle geschädigten Juden — zur Kasse ‚gebeten‘ wurde, um für die entstandenen Schäden aufzukommen. So konnte die leere Staatskasse bequem aufgefüllt werden. Die Kristallnacht ist in ihrer Brutalität nur ein Mosaikstein der Perfidie, mit der die Nazis ihr boshaftes Machwerk vollbrachten.

Nein! Nicht ganz vollbrachten! Wir leben ja, noch und wieder in deutschen Landen, in diesem Jahr nachweislich seit 1700 Jahren. Darum ist es mir ein Anliegen, sowohl zu gedenken und zu erinnern als auch mit Selbstbewusstsein zu zeigen: „Wir sind hier!“ — und den Fokus auf das zu richten, was im Zusammenleben von Juden und Deutschen gut funktioniert. Und da geht es schon los: Viele Juden in Deutschland sind ja Deutsche, mich eingeschlossen! Worum geht es also? Um das Zusammenleben von Juden und Christen? Um das Nebeneinander von Religionen und Kulturen? Um verschiedene Traditionen bei gleichen Wurzeln?

All das kannst Du bei der Konzert-Lesung Jiddische Weihnacht am 7. Dezember im Münchner Prinzregententheater erfahren! Dort werde ich zusammen mit dem wunderbaren Helmut Becker und meinem großartigen ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH singend und lesend viele Geschichten erzählen, auch die meines Großvaters Julius. Es gibt eine Menge zu lernen und zu lachen, tolle Musik, inspirierende Erzählungen, gute Stimmung. Die Kritiken der letzten Jahre bescheinigen uns:
Völkerverständigung in Perfektion geboten
Lichtfest der Religionen
Weltmusik mit Friedensbotschaft

Alle Infos zur Jiddischen Weihnacht findest Du HIER. Karten gibt es bei MünchenTicket oder (vergünstigt, weil gebührenfrei) direkt bei unserer Veranstalterin unter [email protected]*.
*Bitte nenne die Anzahl der gewünschten Karten und die Kategorie. Hier siehst Du den Saalplan. Sollte die Jiddische Weihnacht wegen COVID abgesagt oder verschoben werden, melden wir uns wegen eines Ersatztermins oder einer Erstattung des Ticketpreises.

Ich freue mich sehr auf unser Wiedersehen! Bis dahin grüße ich herzlichst,

Lieber SPONSOR, liebe SPONSORIN in spe: Wenn Du unsere Arbeit nachhaltig unterstützen möchtest, kannst Du unser Filmprojekt Jiddische Weihnacht — live im Prinzregententheater mitfinanzieren. Sicher findest Du unter den  vielen Möglichkeiten eine, die dir gefällt und zu Dir passt. Wir sind für jeden Beitrag dankbar und freuen uns darauf, dieses Projekt auch mit Deiner Hilfe realisieren zu können!

Vom Brückenbauen und Weitermachen

Vom Brückenbauen und Weitermachen —  so lautet der Untertitel unseres Programms Jiddische Weihnacht, das wir endlich, endlich wieder spielen können. Ich freue mich schon wie ein Schnitzel (ein koscheres, versteht sich!), weil wir diesmal in meinem absoluten Lieblingshaus auftreten werden: dem Münchner Prinzregententheater! In diesem Jahr, in dem jüdisches Leben auf deutschem Boden seit 1700 Jahren existiert und gefeiert wird, ist es mir ein besonderes Anliegen, dieses vorweihnachtliche Konzert mit Lesung in so einem schönen Ambiente zu zeigen. Der rote Faden, der sich durch den Abend zieht, ist die Geschichte meines Großvaters Julius; er war ein hoch dekorierter Offizier des Kaisers, ein erfolgreicher Tuchhändler in Chemnitz, ein mutiger Familienmensch, der seinen Sohn und andere Verwandte bis 1939 außer Landes brachte. Die Nazis verschonten ihn ebensowenig wie sechs Millionen anderer Juden.

Aber seine humanistische Geisteshaltung lebt weiter! Sie findet in der Jiddischen Weihnacht durch unsere Geschichten und unsere Musik ihren künstlerischen Ausdruck. Ich singe und erzähle aus dem Leben meines Großvaters, Helmut Becker liest eindrucksvoll Texte von Ota Pavel, Anne Frank, Hanno Loewy und anderen, und natürlich spielt unser großartiges ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH in eigenen Arrangements hebräische, jiddische und internationale Lieder vom Brückenbauen und Weitermachen. Der Abend zeugt von der Co-Existenz von Juden und Christen, von Gedenken und Versöhnen, Mahnen, Erinnern und Feiern. Die Jiddische Weihnacht ist eine real existierende Unmöglichkeit, eine Brücke zwischen Religionen, Musikstilen und Traditionen. Sie ist mein wahr gewordener Traum.

Die Veranstaltung stellt dieses Mal eine große Herausforderung für uns dar, nach anderthalb Jahren musikalischer Dürre, schier unüberwindbarer Distanz zu unserem Publikum und existentieller Nöte. Umso größer ist die Vorfreude und unser Wunsch, Münchens schönstes Theater zu füllen, und DU kannst uns dabei helfen! Erst einmal, indem Du selber kommst am

Dienstag, den 7. Dezember 2021 um 20 Uhr
ins Prinzregententheater München

zweitens, indem Du Deine Liebste oder Deinen Liebsten mitnimmst, und drittens: indem Du alle, wirklich aaalllllleee Deine Freunde, Verwandten und Bekannten einlädst. Du brauchst dazu nur diesen Newsletter oder den Link zu unserer Website verschicken; dort findet sich ein BR-Fernseh-Beitrag, eine Radio-Ankündigung und weitere Infos zur Jiddischen Weihnacht, ebenso der Link zu MünchenTicket. Die besten Plätze haben wir für Euch, unsere Freunde und Fans, als Veranstaltertickets zu etwas vergünstigten Preisen zurückgelegt; Du kannst Du sie direkt bestellen (solange der Vorrat reicht!), indem Du eine Email schreibst an [email protected]. Darüber freuen wir uns besonders.

Darüber hinaus planen wir eine Videoaufzeichnung im Prinzregententheater; daraus möchten wir einen Film für nächstes Jahr vorbereiten mit exklusivem extra-Material, xx-large! Ich lade Dich ganz herzlich ein, dieses Film-Projekt zu sponsern! Dazu haben wir eine Crowdfunding-Seite eingerichtet, bei der Du Dir verschiedene Optionen aussuchen kannst. Es lohnt sich, mal reinzuschauen und gerne auch weiterzuleiten! Jetzt schon dafür: GANZ HERZLICHEN DANK!

Damit Du weißt, wie kreativ einige von uns in den vergangenen anderthalb Jahren werden mussten, sieh Dir diesen TV-Beitrag über unseren Pianisten Jan Eschke und seine Frau Sonja an. Verdienen die nicht den größten Tapferkeits- und Liebes-Preis?!?

Also: Wir wollen alle von mehr leben als von freundlichem Applaus, darum Weitersagen nicht vergessen und schnell Tickets bestellen!


Herzlichst,

Übrigens: Für kleine und größere Gruppen schnürt unsere Veranstalterin von Mehr Kultur e.V. Weihnukka-Special-Pakete zu Sonderkonditionen. Email genügt!

Nachtrag zu Samirs Spendenaufruf

Nachdem sich einige von Euch gemeldet haben, um Samir zu unterstützen, gibt es am Ende dieser Mail Details zu einer kostenfreien Überweisung auf ein österreichisches Konto, bei dem weder für uns noch für ihn Gebühren anfallen. Aber zunächst möchte ich von meiner Geschichte mit Samir erzählen.

Samir und seine Frau Tanny bei unserem letzten gemeinsamen Treffen in Bethlehem, Oktober 2019

Samir habe ich kurz vor Weihnachten 2005 kennengelernt. Er war mir als „der beste Reiseleiter Bethlehems“ von einem Wiener Pfarrer ans Herz gelegt worden. Mit Samir durfte ich die Stadt erstmals aus palästinensischer Perspektive erkunden. Als ich erstmals den monströsen Checkpoint passierte und zu ihm ins Auto stieg — die Warnungen meiner israelischen Familie im Ohr, ich könnte entführt, gefoltert, getötet werden und würde damit Israels gesamte Sicherheit gefährden, weil man mich dann aus den Fängen der Terroristen befreien müsse — als ich also in seinem Auto saß und mich anschnallen wollte, sagte er in perfektem Deutsch zu mir: „Sie können, aber Sie müssen sich hier bei uns nicht anschnallen. Willkommen im Land der Freiheit!“. Kurz darauf fragte er mich lachend, ob ich nicht meiner Familie Bescheid sagen wolle, dass ich wohlbehalten durch Bethlehem chauffiert und nicht entführt würde; spätestens dann war der Bann gebrochen.

Er brachte uns nicht nur, wie verabredet, kurz zu einem Treffen mit Mitri Raheb, sondern begleitete uns den ganzen Tag durch Bethlehem. Am selben Abend wurde der Beginn unserer Freundschaft mit einem Besuch bei ihm zu Hause besiegelt, bei dem seine Frau und seine beiden Kinder uns aufs Herzlichste willkommen hießen und uns bis spät in die Nacht von ihrem bewegten Leben erzählten.

Seither vergeht kaum ein Jahr, an dem wir uns nicht in Bethlehem sehen. Viele meiner Reisegruppen sind in den Genuss seiner Führungen gekommen. Dabei konnte ich immer wieder Zeugin seiner unglaublichen Sprachkenntnisse werden: Samir wechselt mühelos von Deutsch nach Englisch, Italienisch, Spanisch oder Hebräisch und beherrscht auch noch zwei weitere Sprachen. Seine Kinder haben mittlerweile studiert, der Sohn ist Zahnarzt in Wien. In all den Jahren hat er der Besatzungsrealität mit guten Ideen, Kreativität (er hat schon zig Berufe erlernt und ausgeübt), unfassbar viel Humor und einem tiefen christlichen Gottesglauben standgehalten. Nun ist sein größter Schmerz der Tatsache ins Auge zu blicken, dass seine Kinder außerhalb Palästinas ein besseres Leben erwartet als in ihrer Heimat — ohne Aussicht auf ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Selbstbestimmung. Sein eigenes Leben hat, nach einem Studium in Detroit, Stuttgart und anderen Stationen, viele Höhen und Tiefen erlebt; in der aktuellen Notsituation erlebe ich erstmals in den vielen Jahren, dass er um Unterstützung bittet.

Hier nun sein letztes Schreiben an mich mit seiner Bankverbindung. Danke für Deine Unterstützung!

Herzlichst,